Christliche Kunstblätter, 94. Jg., 1956, Heft 1

und Nächstenliebe, mit allen Möglichkeiten und Begrenzthei ten der Durchführung, mit ihrer Ausdehnung über alle Länder und alle Völker und alle Zeiten wird in den 12 ausgesuchten Vor bildern trefflich illustriert. Wer Tag für Tag diese Typen von Missionaren vor Augen hat und sie hin und wieder nachdenklich betrachtet, wird die missionsge schichtliche Erfahrung aller Jahr hunderte bestätigt finden: Der Missionsberuf ist Opferleben und Opfertod, aber auch Licht und Leben für viele und nicht zuletzt Auserwählung und Begnadung für den, der von Gott dafür be stimmt ist. 5. Die Fenster unter der Orgel bühne Die beiden Fenster unter der Orgel nehmen eine Sonderstel lung ein. Sie sind mit den zuge hörigen Altarnischen verbunden und empfangen von dort ihre Erklärung. Dem Altar der Schmerzensrei chen Mutter auf der Nordseite entspricht im Fenster die Dar stellung der Sieben Schmerzen Mariens. Einer näheren Schil derung bedarf es niclrt. Die Far ben sind stark in Violett gehal ten. In der Höhe, d. h. jenseits der Grablegung des Gekreuzig ten, verkünden hellere Farben den nahenden Ostermorgen. Das Fenster des hl. Josef auf der Gegenseite weist auf die bib lischen Szenen hin, in denen Jo sef ausdrücklich genannt wird. Er selber sitzt sinnend da, von der Höhe des Lebens oder- nicht weit vor seinem Abschied aus der Welt noch einmal alles über schauend, was er mit Jesus und Maria erlebt und erlitten: Die Schwierigkeit mit seiner Verlob ten, die Lösung des Rätsels durch die Botschaft des Engels zuigleich mit dem Auftrag, kraft väterli cher Autorität dem Kinde den Namen Jesus zu geben, die Hoch zeit mit Maria, Bethlehem und die Huldigung der drei Weisen, die Flucht nach Ägypten, das Wiederfinden in Jerusalem und das Leben in Nazareth . . . alles war nach außen unscheinbar, nach innen oft schauerlich ge heimnisvoll. Josef darf sich sa gen, daß er sich mannhaft be müht hat, ein getreuer Verwalter der Geheimnisse Gottes zu sein. So kann er in Frieden den Heim gang erwarten. Rückblickend dürfen wir fest stellen: Die Auftraggeber und der Künstler und die Werkstätte ha ben sich ihre Sache nicht leicht machen wollen. Eine füllige theo logische Thematik in künstlerisch würdiger zeitgemäßer Form sollte das Gotteshaus ziei-en und da durch der Ehre Gottes dienen. Außerdem sollte der sinnenden Betrachtunig Nahrung geboten und der religiösen Praxis das von den Heiligen gelebte Evan gelium und der missionarische Dienst am Reiche Gottes vor Au gen gestellt werden. Inwieweit das Bemühen gelungen ist, wird der verständige Besucher der Kirche abzuwägen haben und freimütig äußern können. Ortsnamen reden Kurzenkirchen, Zwislichenkirchen, Sfeinakirchen und Scheiblingkirchen Dr. P. Petrus Ortmayr, Seitensfetten Die Wichtigkeit der Ortsnamen forschung ist für die Besiedlungs geschichte eines Landes längst bekannt und anerkannt. In den folgenden Ausführungen soll an einigen Beispielen die Bedeu tung alter Ortsnamen für die Kunstgeschichte gezeigt werden. I. KURZENKIRCHEN In dem ältesten Urbar des Stif tes Seitenstetten, von Abt Kon rad HI. bald nach 1290 angelegt, wird fol. 13 unter den Allodialgütern des Stiftes Udalschalch von Stille und Heft (servicium in Wabaria) „Churzenchirchen" ge nannt und in den etwas später geschriebenen Nachträgen zu diesem Urbar wird der Name fol. 30b wiederholt. Eine noch frühere Erwähnung des Ortsna mens finden wir im oberöster reichischen Urkundenbuch (Hin. 222, S. 217), wo am 29. April 1255 ein Chunradus de Churzenkirichen als Zeuge aufscheint. Gemeint ist jedesmal die Ort schaft Kurzenkirchen in der Pfarre Offenhausen, Bezirk Lam bach in Oberösterreieh. Nach freundlicher Mitteilung des Herrn Pfarrers Anton Fellner besteht jetzt in der Ortschaft Kurzen kirchen kein Gotteshaus mehr, aber die Leute erzählen, daß dort einmal eine Kirche gestan den habe. Wie sah sie aus? Nach den bereits erwähnten zeitlichen Angaben war es ein Bau rom.anischen Stiles. Da die Kirche, wie der Name besagt, kurz war, so bestand nur ein Chorquadrat mit halbkreisförmiger Apside, aber ohne Langhaus, d. i. ein ka pellenartiger Bau. Eine gute Vor stellung von dieser einstigen Kirche vermittelt das noch erhal tene Westwerk der Kirche in St. Pantaleon, NÖ. Vgl. den nach folgenden Rekonstruktionsplan! Ein zweites Kurzenkir chen gibt es in der Gemeinde ^dorf, Bezirk Raab in Ober österreich. Urkundlich wird es 1253 in Mon. Boica 29, 2. T., S. 395, erwähnt: item de Chuertzenaw sive Chuertzenkirchen tertiam partem (decimae). Wie mir Herr Pfarrer Mayr mitteilt, ist auch an diesem Orte keine Spur mehr von einer früheren Kirche erhalten. Gleichwohl war es auch hier ohne Zweifel eine roma nische Kirche von der oben er wähnten Gestalt, die der Ort schaft ihren Namen gegeben hat. In St. Marien, Bezirk Neuho fen, OÖ., liegt die dritte Ort schaft mit Namen Kurzen kirchen. Eine Urkunde des Propstes Wernher von Sankt Florian vom 4. Mai 1328 (Oberösterreichisches Urkundenbuch V. n. 514, S. 511) bestimmt die Ein künfte eines Gutes zu Grünbrun zur Unterhaltung eines Lichtes in den Kapellen zu Rohrbach und Churtzenkirchen. Herr Pfar rer Haidinger von St. Marien schreibt, daß in Kurzenkirchen eine kleine Kirche bei Haus Nr. 4 bestanden habe und daß sie dem hl. Laurenz geweiht war. Dieses Patrozinium, das sich öfters an ehemaligen Römerorten (vgl. Lorch bei Enns) findet, weist auf eine frühe Entstehungszeit des Kirchleins hin. Wir haben also auch hier mit einer romani schen Kirche zu rechnen, die nur aus einem Chorquadrat mit halbkreisförmiger Apside be stand, also eine „kurze" Kirche war. 18

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