Christliche Kunstblätter, 94. Jg., 1956, Heft 1

Feuer mit sieben nacli außen schießenden Flammen; Feuer ist eines der bekanntesten Bilder des Hl. Geistes. Das südliche Radfenster des Querschiffes ist gefüllt mit den Symbolen der sieben Sakramente. Unten sieht man auf gleicher Ebene die zusammengehörigen Sakramente der Taufe und Fir mung, die das übernatürliche Le ben wecken und kräftigen. Dar über reihen sich, einander gegen überstehend, Buße und Kranken ölung, die das verlorene oder gefährdete übernatürliche Leben retten und heilen. Eine Stufe höher erscheinen Ehe und Prie sterweihe, die zur Spendung des natürlichen und des übernatür lichen Lebens befähigen. Hoch oben thront das „Sakrament der Sakramente", die hl. Eucharistie. Sie ist nach altkuxhlicher Art dargestellt durch den Fisch, der Christus bedeutet, mit dem Brot korb, und darüber die strahlende Sonne als Bild des verklärten Christus. Die Priesterweihe wird durch Kelch und Buch dargestellt, die hl. Ölung durch Ölgefäß und Ölzweig, die Firmung durch das Schwert, von dessen Spitze sieben Flammen ausgehen, die Taufe durch die brennende Kerze über flutendem Wasser, die Buße durch Stola und Schlüssel, die Ehe durch zwei ineinandergeschlossene mit dem Myrten zweig überdeckte Ringe. Im Mit telfeld strahlt der Davidstern als Zeichen der Menschheit Christi, die von dem Ahnherrn David stammt; die Menschheit Christi ist das Instrument und sozusagen das wirksame Zeichen der Gott heit Christi, also gleichsam Urund Grundsakrament. Sieben Kreuze zwischen sieben Strahlen in dem Kreisring erinnern daran, daß alle Sakramente im Kreuzes opfer wurzeln. Das große, vierzehnteilige Rad fenster der Westfassade wird links durch die Hauptorgel teilweise verdeckt. Das Mittelstück enthält drei gleich große, von einem glei^seitigen Dreieck eingefaßte Kreise, als Symbol der Heiligsten Dreifaltigkeit. Darüber schwebt außen die in Plastik ausgeführte Taube des Hl. Geistes. Die rings ausstrahlenden vierzehn Sektoren zwischen dreizehn Radspeichen sind in lange schmale Glaszungen aufgelöst. Der Lichtzufuhr wegen wurden sie bewußt hell gehalten; nur nach dem Rande hin ist kräf tiges Rot sparsam verwendet, wo durch bei westlichem Sonnen stand überraschend schöne Streu wirkung zustande kommt, wie bei einem künstlichen Abendrot. 3. Die Fenster der Seitenschiffe In den Fenstern der Seiten schiffe tritt uns nun eine ganz andre Welt entgegen, mit erhöh ter Farbenpracht und verstärkter Lebensnähe. Beiderseits vier, zusammen also acht große, zweiteilig gekoppelte Fenster senden zwischen den Säulen und Pfeilern hindurch, ihr Liclit in das Hauptschiff. Sie ziehen die Augen der Besucher aus der Nähe zwingend auf sich. Daher durften diese Fenster nicht nur der Verschönerung des Got teshauses dienen, indem sie die einfarbigen Wände mit Glas gemälden ausstatteten. Sie soll ten sich auch religiös lohnen. Also mußten sie sidi mit einer zusam mengefaßten Thematik an der Wortverkündigung illustrativ be teiligen. Nun dient dieser Teil der gro ßen Kirche hauptsächlich den aus wärtigen Besuchern des Gottes dienstes und den regelmäßigen Hörem der Sonntagspredigt. Das weiträumige Querschiff ist vor wiegend den Klosterbewohnern vorbehalten. Welche Thematik sollte man für die ..Volkskirche" wählen? Ein äußerer Grund, nämlich die Achtzahl der Fenster, und innere Gründe, zumal das biblische Ge wicht des Themas und seine Be ziehung zum Hl. Geiste drängten förmlich zu einer Darstellung der acht Seligkeiten. Sie enthalten das Mark des Evangeliums. Eine volksnahe Veranschaulichung ließ sich dadurch erreichen, daß in beiden Fensterhälften volks tümliche Heilige, je ein Mann und eine Frau, überlebensgroß die für sie kennzeichnende Seligkeit ver körperten. Dabei durfte und mußte man auch die vier festen Seitenaltäre, die bestimmten Heiligen geweiht sind, mit den darüber befind lichen Fenstern zu einer Einheit verbinden und das Fenster zum Altarbild machen. Die biblische Aufeinanderfolge der acht Selig keiten ließ sidi dabei freilich nicht halten. Die vier Seitenaltäre sind nun links den hl. Vinzentius und Augustinus, rechts den hl. Boni fatius und Franz Xaver geweiht. Vinzenz eignete sich vorzüglich als Muster der Barmherzigkeit, Augustin als Typ des in Sünden trauer versunkenen Gottsuchers, der Märtyrer Bonifatius als Ver treter der Verfolgten, der Missio nar Franz Xaver als Vorbild eines Hungernden und Dürstenden nach Gerechtigkeit. Als zugehö rige weibliche Partnerinnen emp fahlen sich ungesucht die hl. Eli sabeth von Thüringen, Monika, Cäcilia und Theresia vom Jesus kind. Die übrigen vier Fenster erhielten folgende Heiligenpaare: Franz und Klara für die Armen im Geiste, Thomas v. Aquin und Theresia v. Avila für die Her zensreinen, Albert d. Gr. und Hil degard V. Bingen für die Frie densstifter, Bernhard v. Clairvaux und Gertrud d. Gr. für die Sanftmütigen. Somit ergab sich folgende Ver teilung: Theresia v. Av./Thomas v. Aq. Selig die Herzensreinen Elisabeth v. Th./Vinzenz v. P. Selig die Barmherzigen Klara v. Ass./Frgnz v. Ass. Selig die Armen Monika/Augustinus Selig die Trauernden rechts Hildegard v. B./Albert d. Gr. Selig die Friedensstifter Cäcilia/Bonifatius Selig die Verfolgten Gertrud d. Gr./Bernhard v. Cl. Selig die Sanftmütigen Theresia v. Jkd./Franz XaverSelig die Hungernden nach G. Es wurde Wert darauf gelegt und vom Künstler angestrebt, die betreffenden Heiligen so darzu stellen, daß sie die ihnen zuge sprochene Seligkeit im Bilde durch ihre Haltung charakte ristisch zum Ausdruck bringen. Zum rechten Verständnis dafür muß freilich einige Kenntnis der Heiligen vorausgesetzt oder er klärend vermittelt werden. Über jedem Fensterpaar ist ein kleines Rundfensterchen ange bracht, das jedesmal ein Kreuz enthält, doch jedesmal in andrer Form, als lateinisches, griechi sches, slawisches Kreuz usw. Mit Einschluß des Querschiffes sind ihrer im ganzen vierzehn. Über den zugeordneten Heiligen schwe bend, wollen die Kreuze verkün16

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