Christliche Kunstblätter, 94. Jg., 1956, Heft 1

Maria Kirchental (Bezirkshauptmannschaft Zell am See), Wallfahrtskirche. Geringfügige unbe stimmte Arbeiten; ein dort befindlicher Aufer standener Heiland nicht von Guggenbichler-)." Ähnlich wiederholt auch Strohmer die Nachricht in seinem Katalog-^). Zwei Gulden und dreißig Kreuzer, das ist freilich ein lächerlicher Betrag, für den nicht viel geleistet worden sein kann. Ist es aber wahrscheinlich, daß man den vierundfünfzigj ährigen und auf der Höhe seines Ruhmes ste henden Meister wegen einer in die Loferer Steinberge zu liefernden Bagatelle bemüht hätte? Muß aus der Existenz dieser kleinen Rechnung geschlossen werden, daß sie eine ge samte ist? Kann es sich nicht um eine Teilzah lung gehandelt haben, etwa um ein Zehrgeld, einen Fuhrlohn oder eine andersartige Ab schlagzahlung für den Meister, für einen seiner Gesellen oder für einen gedungenen Fuhr mann? Die Zahlung besagt doch zunächst nicht mehr, als daß zwischen Meinrad Guggenbichler und Maria Kirchental eine geschäftliche Ver bindung bestanden hat; welcher Art und wel chen Umfanges Guggenbichlers Leistung war, das müßte erst noch sorgfältig geprüft werden. Der Auferstandene Heiland, den Decker an führt, mag nichts mit Guggenbichler zu tun ha ben''). Es befindet sich aber in einer Nische hinter dem Kirchentaler Hochaltar ein überlebens großer gefaßter Schmerzensmann, der seiner Qualität und stilistischen Haltung nach sehr -) Heinrich Decker: Meinrad Guggenbichler. Wien, Schroll, 1949, S. 85, Nr. 57. •^) Erich V. Strohmer: Verzeichnis der urkundlich ge sicherten Werke Johann Meinrad Guggenbiciilers. In: Bei träge zur Kunstgeschichte Tirols. Festschrift zum 70. Ge burtstag Josef Weingartners. Innsbruck, Wagner, 1955, S. 161 (Schlern-Schriften139). Martin a. a. O., S. 138, Skulpturen, Nr. 5. wohl in das Werk Guggenbichlers paßt"). Er stimmt im Typus überein mit den Schmerzens männern von St. Wolfgang und Valentinshaft, ist aber bewegter und raumgreifender als diese. Physiognomie, Körperbau und Faltenbildung entsprechen ganz dem Stil Guggenbichlers, vor allem aber die durch Unterschneidungen her vorgerufene tiefe Räumlichkeit der Figur und das charakteristische Motiv der übergreifenden Arme und Hände. Die Fragen nach Eigenhän digkeit und Werkstattanteil seien hier nicht ge stellt; es soll lediglich auf die aus der vorhan denen Nachricht und aus stilistischen Gründen sich ergebende Möglichkeit hingewiesen wer den, den Kirchentaler Schmerzensmann in den Umkreis Guggenbichlers einzuordnen. Eine kri tische Bearbeitung seines Werkes wird jeden falls auch diese Plastik in Betracht ziehen müssen. Zur Genealogie der Schweizer „Guggenbüel'"') sei bei dieser Gelegenheit angemerkt, daß ein „Hans Guggenbüll" 1691 „unterer Müller" und Geschworener in Küßnacht war. Eine Kabinett scheibe mit seinem und dem Namen seiner Ehe wirtin „Elsbetha Bodmer" befindet sich im Hi storischen Museum der Stadt Wien"). Nachtrag. Wie ich nachträglich sehe, hat auch Annelene Mann den Kirchentaler Schmer zensmann hypothetisch mit Guggenbichler in Zusammenhang gebracht (Annelene Mann: Jo hann Meinrad Guggenbichler. Münchener Dis sertation 1932, gedruckt in Berlin, S. 24 und 49). 5) Martin a. a. O., S. 138, Skulpturen, Nr. 2: „Ecce homo, sehr gut, um 1710". Die versteckte Stellung der Figur ist wohl schuld daran, daß sie bisher nur wenig beachtet wurde. Decker a. a. O., S. 8. ') Die Scheibe ist beschrieben von Paul Boesch: Schwei zerische Glasgemälde im Ausland. Die Sammlung in der Hermesvilla bei Wien. In: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte, Bd. 3, 1941, S. 184. Von Kunstwerken und ihrem Wert Kunstwerke stellen Werte dar. Dieser Satz ist hier nicht in einem oberflächlichen Sinn ge meint, sondern im Sinn eines echten Sichtbar machens, ins Reich der Sichtbarkeit-Hebens von Werten. Welcher Art diese Werte sind, das zu erörtern würde weit ins Gebiet, der Ästhetik führen, einer philosophischen Disziplin, die bis her zu sehr wenig befriedigenden Antworten vorgedrungen ist. Sich an dieser Frage zu ver suchen, ist nicht nur eine lockende und lohnende, sondern auch eine dringende und notwendige Aufgabe. Dr. Günter Rombold (München) Da Kunstwerke etwas vom Menschen Geschaf fenes sind, haben sie auch einen finanziellen „Wert". Man spricht — in doch wohl entwür digender Weise — von einem „Kunstmarkt", was in einer Zeit, die in noch viel weniger pas sender Weise, von einem „Arbeitsmarkt" spricht, nicht verwunderlich ist. Wie Kunstwerke auf dem „Kunstmarkt" „be wertet" .werden, das läßt darauf schließen, wie die Menschen einer Zeit zur Kunst stehen, was sie von ihr erwarten und in ihr suchen. Es sind bekannte Tatsachen, daß Rembrandt in der Zeit 11

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