Christliche Kunstblätter, 94. Jg., 1956, Heft 1

unbelegten und nicht datierten Arbeiten besit zen wir in einer alten, bisher unbeachteten Photographie des früheren Eggenburger Hoch altars (Abb. 7) ein einwandfreies Zeugnis seiner Kunst. Da die Rechnungen den Faßmaier Kaspar Schöihorn und den Maier der Bilder, Georg Bachmann in Wien, nennen, aber keinerlei Zah lungen an den Tischler enthalten, dürfte Leusering auch am architektonischen Aufbau maßgeb lichen Anteil gehabt haben. Der freistehende, chorfüllende Altar baute sich in mehreren Stockwerken auf: der Sockel hinter Mensa und Tabernakel enthielt Seiten türen. Das Altarblatt des Hauptgeschosses flan kierten je eine vorspringende, gedrehte und mit Blattgewinde belegte Säule und eine außen rückversetzte, geschuppte Dreiviertelsäule; über den Seitenteilen auf kartuschgeschmückten Po stamenten die Skulpturen Moses (?) und Johan nes d. T. — Kapitelle und Kämpfer waren mit Engelsköpfchen besetzt. Dazwischen schloß ein Segmentbogen den Hauptteil ab. Über dem Säu lengebälk standen wieder Statuen, innen auf gestelzten Postamenten"') Andreas und Jakob (?), außen Peter und Paul. Dazwischen erhob sich ein Aufsatz mit rechteckigem Bild in mehrfach geknicktem Rahmen, Fruchtbuketts in den Zwickeln und je einer gewundenen Säule mit Astknorren. Auf dem Kämpfergesims folgte zwischen Figuren und winzigen geschweiften Volutengiebeln noch ein Bildaufsatz mit kielbogigem Rahmen zwischen ornamentierten Lisenen, steilen Giebelstücken mit Sitzengeln und über Postament die bekrönende Abschlußfigur. Der Eggenburger Hochaltar enthielt im Archi tektonischen wie im Figürlichen so viele charak teristische Merkmale, daß man unschwer auf Grund dieser Kennzeichen unserem Bildhauer eine Reihe weiterer Arbeiten in der Umgebung Horns zuweisen kann. Die Hochaltäre in der alten Pfarrkirche zu Horn (Abb. 8) und in Strögen sind im Aufbau Varianten des zweiten und dritten Geschosses des Eggenburgers. Der Strögener Altar wurde 1630 durch den Hofmaler des Stiftes Altenburg, Johann Hobel, gefaßt und 1632 aufgestellt. In den folgenden Jahren wird der Horner Altar entstanden sein. Beide gleichen sich nicht nur im Aufbau, sondern haben auch Parallelen im Statuenschmuck und im Ornament. Der schmale Seitenzierat besteht, im Gegensatz zum Renais sance-Kandelaberornament des oberen Pflasters und Frieses, aus geschweiftem, ledrig bandarti gem Knorpelwerk, zum Teil noch mit Anklängen an Pflanzenformen und Maskerons. Wir haben es dabei mit dem frühesten gesicherten Auftre ten des reinen Knorpelwerks (1630!) in Öster reich zu tun. Es hat hier in seinen Anfängen noch nichts von der wuchernden Üppigkeit, die nach der Mitte des 17. Jh.s diese Ornamentform allgemein kennzeichnet (vgl. die entsprechenden Altäre des Innviertels, Traunviertels und Mur tales). Die gleichen knappen und präzisen Züge zei gen auch die Skulpturen, die, in manieristisch erstarrte Formeln gepreßt, nur in den ungemein ausdrucksvollen, nervösen Händen und den dro hend ernsten Gesichtern vom Geist dieser auf gewühlten, wildbewegten Zeit Zeugnis geben. Die den Hauptbau flankierenden Figuren Peter und Paul in Strögen und Horn wie in Eggenburg sind Repliken derselben Modelle, ein für Leusering oft nachweisbarer, handwerk licher Zug, der sich auf alle Teile des Altars, Aufbau, Plastik und Dekoration, erstreckt. So kommen die Aufsatzfiguren in Strögen, die Drachenbesieger Georg und Margarethe, in ganz verwandter Form wieder vor am Wolfgangsaltar im linken Nebenschiff der Pfarrkirche in Stie fern am Kamp (Abb. 9), der laut Predellen inschrift 1641 von der Seelenbruderschaft er richtet wurde. Auch der linke obere Engel in Stiefern hat sein Gegenstück in dem Michael im Langhaus der Kirche von Schönberg/K., der nebst einigen charakteristischen Engelsköpfchen am jetzigen Hochaltar daselbst von dem urkund lich bezeugten Werk Leuserings (1640) noch erhalten ist. Ebenso gibt es für die den Horner Hochaltar bekrönende Kreuzigungsgruppe Parallelen am Altar der Horner Bürgerspitalskapelle von 1636 (jetzt in der Altenburger Krypta) und an jenem der Drosendorfer Schloßkapelle (vor 1637)°), der auch in seiner eigenartigen architektonischen Gestaltung wie in allen Schmuckformen (Wap penschilde, Buketts, Knorpelzierat) eindeutig in unseren Zusammenhang gehört. Alle diese Altarbauten gehen auf ein üniversalschema zurück, das, komplett im ehemaligen Eggenburger Hochaltar vorliegend, je nach Raumverhältnissen und Bestellerwünschen mo duliert werden konnte. Für niedere Kapellenräume etwa, wie bei dem genannten Seitenaltar in Stiefern (Abb. 9) wurde der Hauptteil triumphbogenartig ver breitert, so daß die Seitenstatuen in Wand nischen der Interkolumnien stehen. Dadurch ge winnt die Architektur größeres Gewicht gegen über dem Mittelstück, dessen Dominanz bei den Hochaltären das Architekturgerüst schmal wie ein Rahmen erscheinen läßt. — Damit aber das Gebälk des breiten Hauptgeschosses nicht zu Mit Renovierungsdatum 1834, damals dürfte ein Teil der Dekoration entfernt worden sein. 8) ÖKT-, Bd. V, S. 169 mit Abb.

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