Halle mit überhöhtem Mittelschiff, einer dazu quergelagerten ebenso basilikalen einschiffigen Halle und einer halbrunden Apsis. Diesem Ge bäude ist ein Atrium vorgelagert. Diese nach innen gewendete, axial gegliederte Raumabfolge ergibt einen Raum zum Durch schreiten, deren quergelegte Halle vom Eingang aus nicht sofort erfaßbar ist, sondern sich erst, wenn man das Langhaus durchschritten hat, eröffnet. Es handelt sich also um einen unüber schaubaren Raumkomplex aus zwei aufein anderfolgenden Räumen, mit Achsendrehung als Weg, dessen Zielpunkt hinter dieser Querung liegt. Obwohl diese Raumanlage ihrer Form nach von der römischen Basilika abstammt, wie sie als Markt- und Gerichtshalle in Rom seit der Republik verwendet wurde und letzten Endes wohl von der königlichen Baukunst der hellenistischen Großreiche des vorderen Orients abzuleiten ist, besser gesagt, die einzelnen Teile ihres Komplexes von den basilikalen Bauten her bezieht, so ist die Gesamtanlage hier zwei fellos neu. Da nun Konstantin auch auf anderen Gebieten der Einrichtungen der christlichen Kirche Neuerungen gebracht hat, ist anzuneh men, daß es auch hier sich um eine solche auf die Initiative des Kaisers selbst zurückführbare Neuerung handelt. Viele dieser Neuerungen aber stehen alle mit der hier beschriebenen Raumanlage in Zusammenhang. Jungmann weist vor allem Neuerungen in der Liturgie nach, die mit diesen Raumanlagen in Verbindung stehen können. Nach ihm blieben die Hauptteile der heiligen Messe vom Priester gebet und Opfergebet über den Canon actionis bis zur Communio vom 3. bis 6. Jahrhundert unverändert. Diese liturgischen Abschnitte be dürfen auch keines besonderen Raumes. Es war auch tatsächlich so, daß in der Kirche der ersten Jahrhunderte die Messe in allen möglichen ver schiedenen Räumen gefeiert wurde und wir von einem spezifisch christlichen Kirchenbau erst ab Konstantin sprechen können. Im Zusammenhang mit der Befreiung der Kirche kamen nun vor allem die Zeremonie des Anlegens der Gewän der, der Introitus, die Prozessionslitanei — an die sich später das Kyrie anschloß —, die Weihrauchincensio und die Verwendung von Leuch terträgern hinzu. Für den Lateran wird ein goldenes Weihrauchgefäß als besonderes Ge schenk Konstantins erwähnt. Diese Teile der Liturgie weisen alle auf einen feierlichen Einzugsritus hin. Für so einen Ein zugsritus aber ist eine bestimmte Raumform weit eher nötig. Jungmann vermutet erstmals, daß diese liturgischen Neuerungen aus dem römischen Kaiserkult in den christlichen Gottes dienst übergegangen seien. Diese Meinung wird durch Klausners Nachweis, daß der Kaiser be stimmte Zeremoniellvorschriften seines Hofes und kaiserliche Gewänder den Priestern der jungen Kirche übergab, noch unterstützt. Unbeschadet der Ableitung der konstantini schen Raumform aus der römischen Basilika läßt sich rein formal ein Vorbild für den konstan tinischen Raumkomplex innerhalb der römischen Architektur im Trajansforuiti finden. Diese 112 von Apollodoros von Damaskus errichtete monu mentale Anlage besteht aus einem Vorhof, der an beiden Seiten von Säulenreihen flankiert wird und einer zu der Hauptrichtung dieses Hofes quer gelagerten Basilika. Hinter dieser Basilika in der Achse des Hofes steht auf einem quadratischen säulenumstellten Platz die riesige Triumphalsäule mit dem Reliefband — Taten bericht des Kaisers. Da der Hof einen eigenen Eingang in der Längsachse hat, ergibt sich an dieser eine Wegrichtung, die ganze Anlage zu durchschreiten. Auch in dieser Anlage gilt eine gewisse Unüberschaubarkeit, das heißt es eröff net sich jeweils beim Betreten und beim Ver lassen der Basilika ein neuer Raum. Die ganze Anlage findet den Zielpunkt der Durchschreitungsbewegung an der Triumphalsäule. Die wei tere Fortführung der Achse durch die Errichtung des Tempels des vergöttlichten Trajan hinter der Säule, ist eine spätere Einrichtung, die Hadrian durchführte. Diese Anlage des Trajanforums war aber keine Profananlage, wenn auch die Basilika als Gerichtshalle diente, son dern war zweifellos für die Durchführung des wichtigsten Aktes im römischen Kaiserkult ge dacht. Es handelt sich dabei um den Akt der Divinisierung, der aus drei Abschnitten bestand: den Exequiae, das ist eine Prozession, Funus, der Verbrennung, und Consecratio, dem letzten Akt der Vergöttlichung. Dieses Ritual, das bei der Divinisierung Trajans gewisse Vervollstän digungen erhielt, gipfelt in der Feststellung der leiblichen Himmelfahrt des Kaisers und damit der Feststellung, daß der Kaiser ein auf der Erde erschienener Gott gewesen sei. Das ganze Ritual, das in Anwesenheit einer großen Volks menge vorgenommen wurde, hat in seiner An lage einen prozessualen Charakter, der also in der Raumanlage auch einen Wegraum erfordert"^). Der römische Kaiserkult war aber nun jene Religion, die die eigentliche Staatsreligion und damit die staatserhaltende religiöse Kraft im römischen Reiche darstellte. Vieles spricht nun dafür, daß Kaiser Konstantin mit der Be freiung des Christentums gerade die Vorrechts- ') Die genaue Ausführung dieser Zusammenhänge ver öffentliche ich unter dem Titel „Römischer Kaiserkult und konstantinischer Kirdienbau" in „österreichische Archäo logische Jahreshefte", Jahrgang 1956. 95
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