Christliche Kunstblätter, 93. Jg., 1955, Heft 3

Madonna für eine Kirche in Northhampton, und er hat eine der überzeugendsten Mariendarstel lungen dieses Jahrhunderts geschaffen, die so wohl ganz in der ikonographischen Tradition steht als auch in jedem Zoll seine ihm eigene Handschrift zeigt. Viele Aufgaben haben die Zerstörungen des Krieges hinterlassen und oft gilt es, das gute Alte mit gutem Neuen zu verbinden. Die bei spielhafte Souveränität mit der dies etwa in der Gotik oder im Barock getan wurde, steht in be schämendem Gegensatz zu der ängstlichen und ideenlosen Restauration, die heute vielfach ge übt wird. Es hat manchmal den Anschein, als wäre die Wiederherstellung zerstörter Kirchen eine reine Aufgabe der Denkmalpflegeämter und nicht einer lebendigen Kirche. In nur weni gen Beispielen hat man beste Kräfte gerufen, um sie in voller Gleichberechtigung zu den noch bestehenden Bauteilen gesellen zu lassen, und wo es geschah, wie etwa an dem Südportal des Kölner Domes durch Matare, wurde es eine be glückende Bereicherung. Noch besteht bei einer breiten Schicht der Gläubigen eine Aversion gegen die sogenannte moderne Kunst im kirchlichen Bereich, zumal der Mensch sich nur ungern von Gewohntem und Allzugewohntem trennt. Und noch besteht bei den Künstlern vielfach ein übersteigerter, solipsistischer Individualismus, der sie freiwillig aber verbittert in ein geistges Ghetto gehen läßt. Eine Begegnung wird vorerst nur möglich sein, wenn beide Teile aufeinander zugehen. Dies bedeutet nicht ein kritikloses Hinnehmen jeden Werkes und bedeutet auch nicht die Ver leugnung der Persönlichkeit und des künstleri schen Gewissens, sondern verlangt nur einen liebenden Dienst an einer gemeinsamen Auf gabe. Solange man auf beiden Seiten nur von „Zumutung" spricht, wird die feindliche Front bestehen. Eine christliche Ehrfurcht vor den be rechtigten Bedürfnissen der Gläubigen und vor dem ernsten Bemühen der Künstler vermag vielleicht die ersehnte Brücke zu bilden, die Kirche und Kunst zu alter und wieder neuer Einheit zusammenführt. Begegnung von Priesfer und Künstler Georg Meistermann (Frankfurt) Nachdem ich, meine Damen und Herren, gestern schon soviel Pulver verschossen habe, ist es eigentlich ziemlich dreist, daß ich nun nocheinmal das Wort ergreife. Aber Sie werden verstehen, daß ich lieber ein System von Ge danken vortrage, als auf Situationspolemik ein zugehen, die sich zwar ganz effektvoll ausneh men mag, aber doch der Sache wenig dient. Aus der Situation des gestrigen Vormittags er gab sich, daß ich dem Klerus, oder der Kirche, den größten Teil der Schuld daran zuwies, daß Welt und Kirche zweierlei geworden sind. Ver stehen Sie, bitte, meine Gründe: Es muß den Christen, der in der Kirche ebenso darinnen ist wie in der Welt, schmerzen, daß soviel guter Wille aneinander vorbeigeht. Die Tatsache, daß sich hier 150 Künstler treffen, besagt doch, daß sie von dieser Tagung etwas erwarten. Denn sie alle sind in ihrer Individualität bedrängt. Wir haben es gestern vernommen, wie mancher seine Aufgabe, Künstler zu sein, oft als drükkende Einsamkeit empfindet. Aber die, die sich hier treffen, hoffen, daß ihr Schicksal, das im Guten und im Schweren die Kunst ist, eine er leichternde Bestätigung fände. Eine Bestätigung darin, daß so, wie sie sich selbst empfinden müssen, sie gemacht sind, veranlagt sind. Dies also wäre das Problem der Sorge um die künst lerische Seele. Sie ist bedroht durch die beson dere Empfindsamkeit der künstlerischen Organe. Und manch eines Künstlers Phantasie ist über mächtig, und er vermag oft nicht, dieser Über macht der Sinne zu widerstehen. Denn der Künstler ist der Mensch, der stellvertretend für andere Menschen die Verlorenheit jenseits des Paradieses am stärksten empfindet. Ihm begeg net in der eigenen Haut das von Gott Fallen gelassensein des nachparadiesischen Menschen als das Dämonische. Der Künstler ist auch der schlechthin Versuchbare. Aber in diesen, die hierherkommen, lebt tief im Unbewußten der Wunsch, von Gott angenommen zu sein, und vielleicht sogar ein Bewußtsein von der Ord nung der Dinge, so daß sie hoffen, der Priester möge es ihnen bestätigen. Der Priester und der Künstler. Der Priester, der Erlösung vermittelt. Der Künstler, der das Erlösungsbedürfnis der Menschheit immer wie der postuliert. Wir wissen, und auch die Priester müssen es wissen, daß eine tiefe Resignation in den Künst lern ist. Daß ihr Werk allemal vergänglich ist 114 .; r.;*.A

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