weist, entspricht nicht nur den liturgischen Neuerungen der konstantinischen Zeit, sondern dem Charakter der heiligen Messe überhaupt. Sicherlich sind die Hauptteile der heiligen Messe von räumlichen Gebundenheiten un abhängig. Auf das engste beschränkt, genügt für ihre Abhaltung ein Tisch. So ist es ja auch in der Verfolgungszeit möglich gewesen, in Zimmern privater Häuser oder unterirdischen Begräbnisstätten die Messe zu feiern. Diese Si tuation verändert sich aber grundlegend durch die Einrichtung der Kirche als staatliche Funk tion. Dem Edikt Konstantins kommt hier für die ganze weitere Geschichte der Kirche eine gründende Funktion zu. Hier ist es vor allem wichtig, daß Christus nicht an Stelle Jupiters trat und das Christentum nicht die olympische Religion ersetzen sollte. So wurden auch nicht die Tempel dieser offiziellen römischen Religion für das Christentum verwendet. Das Christen tum trat als neue Staatsreligion an die Stelle des Kaiserkultes und an die Stelle des vergöttlichten Kaisers trat der leiblich in den Himmel aufgefahrene Christus. Ihm galt nun der Ehrentitel Theos epiphanes, der früher bei den Divinisierungen der Kaiser verwendet wurde. Dieser Akt kann nicht relativiert werden und so kann auch der künstlerische Gründungsakt, der in der neuartigen Anlage der monumentalen konstantinischen Basilika lag, ein gewisses Maß von allgemeiner Bedeutung für jeden christ lichen Kultraum für sich in Anspruch nehmen. Ist der Gottesdienst nicht relativ, so kann auch der Raum dafür nicht relativ sein. Rom und die römische Kunst geben dabei die Form. So wie es für das Christentum und die Geschichte der katholischen Kirche von absoluter Bedeu tung war, daß Christus aus dem jüdischen Volk aber auch innerhalb des römischen Reiches unter der Regierung des Kaisers Augustus in der Welt erschien und von da an dieses rö mische Reich mit seiner Organisation und sei nen Einrichtungen die Form abgegeben hat für die werdende Kirche, so kommt diesem histo rischen Moment des konstantinischen Ediktes auch gründende Bedeutung zu. Zu all dem tritt noch ein symbolischer Inhalt. Christus ist der Dominus ac Deus, der Theos epiphanes und der Raum, in dem er erscheint, ist die himmlische Stadt. Diese Vorstellung drückt sich nicht nur in Apsismosaiken aus, wie etwa den in Sta. Pudenziana in Rom, sondern auch in dem Kirchweihhymnus, der bis in das 4. Jahrhundert zurückverfolgbar ist und in dem das Kirchengebäude als Celestis urbs Jerusalem angesprochen wird. Sedlmayr hat in entschei dender Weise auf die Wichtigkeit dieser Vor stellung hingewiesen und seine Theorie der Kathedrale darauf aufgebaut. Das Bild dieser himmlischen Stadt ist hier aber das Bild des imperialen Forums. Dies alles soll nicht bloß als architektur geschichtliche oder kirchengeschichtliche Fest legung hier vorgebracht werden. In diesem Sy stem ist etwas grundgelegt, über das wir nicht so einfach hinweggehen können. Immer wird das Kirchengebäude ein Versammlungsraum sein, der die himmlische Stadt verkörpert. Immer wird sein Ursprung im Römischen lie gen und es wird immer ein Weg sein hin zu einem Zielpunkt, an dem Gott erscheint. Absfrakfe Kunsf im Kirchenraum? Walfer Warnach (Köln) Die Frage, ob der abstrakten Kunst im Kirchenbau ein Platz eingeräumt werden darf, würde sich ernsthaft nicht stellen, wenn die abstrakte Kunst wäre, was ihre Widersacher und Verächter vorgeben: der letzte Ausläufer eines „subjektivistischen Ästhetizismus" (Peter Metz in „Abstrakte Kunst und Kirche", S. 51), der sich ratlos im einsamen Experiment des bildnerischen Geistes an der Materie erschöpft. Zwischen dieser Einsamkeit des Experiments und dem Gemeindesinn, der dem Wesen nach im Kirchenbau vorwalten muß, ließe sich in der Tat auch durch gewaltsamste Annäherung kein Spannungsbogen herstellen; der Stromkreis schlösse sich nicht. Aber die Frage nach der abstrakten Kunst im kirchlichen Raum wird jedoch unabweislich, sobald man den Tatsachen unbefangen ins Auge sieht. Tatsache ist, daß die abstrakte Kunst — der Name tut übrigens nichts zur Sache, man könnte ebenso von der konkreten oder absoluten, in jedem Fall nicht gegenständlichen Kunst reden — Tatsache ist, daß die abstrakte Kunst in den mehr als vierzig Jahren ihrer Entwicklung in jeweils neuen 98
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