und für sich, der „elfenbeinerne Turm" des .d'art pour l'art" entwickelten, hatte die christliche Religiosität als völkerbewegende Macht den schlimmsten Tiefstand erreicht. Man spottete über die Idee der Heiligung, die Max S t i r n e r „Ichfremdheit" und Nietzsche ,,Krankheit" nannte. Such ten aber die Anschwärmer der Schönheit dennoch Verbindung mit der Religiosität herzustellen, wie die katholischen Franzo sen vom Schlage V e r 1 a i n e s, so kam etwas Blasses, Schwindsüchtiges zustande, dem die Lebensunfähigkeit im Gesichte ge schrieben stand. Oscar Wildes Leben zerbrach über dem tragischen Versuch und der Notwendigkeit, sich vom Ästheten zum Christgläubigen zu wandeln, während sei ner Kerkerhaft im Zuchthaus zu Reading. Der überfeinerte Anbeter der Form, der Spätling einer sich auflösenden Kultur, der den Heiligen alter Zeit überlegen als ebenso unverbindliches Modell zu betrachten glaubt wie andere Figuren der Lebensbühne, und der eifervolle Asket, der die Kunst mit einem gewissen scheelen Blick ansieht, weil sich ein verstecktes Ressentiment dahinter verbirgt, sind beide „Verhärtungserschei nungen" zweier Potenzen, die das Schicksal zu gewissen Zeiten einzeln dominieren läßt. Freilich spitzt sich, wie schon erwähnt, das Verhältnis nicht immer so schroff und unüberbrückbar zu. Im Gegenteil gehören glückliche Mischformen zu den höchsten Schöpfungen der Kultur. Wenn der öster reichische Dichter Adalbert Stifter ge rade zur Zeit des romanischen und engli schen ästhetischen Überschwanges zu einer Kunst zurückkehrt, die er ,,Magd der Re ligion" nennt; wenn Joseph H a y d n, be vor er ans Werk ging, nie vergaß zu beten und einmal von sich behauptete, daß ihm der Rosenkranz bei Mangel an Intuition immer wunderbar hülfe — „Nie war ich so fromm als bei der Komposition der ,Schöp fung'. Täglich fiel ich auf die Knie und bat Gott, daß er mich stärke für mein Werk" —; wenn FraAngelicoin San Marco nie den Pinsel nahm, „ohne vorher gebetet zu haben", wie Vasari anmerkt, nie ein Kruzifix malte, „ohne daß ihm die Trä nen über die Wangen liefen" —, so bezeugt das alles eine wunderbare Verschmelzung des Kunstgeistes mit der frommen Hingabe, die eine Voraussetzung der Heiligung ist. Der Christ und die Kunst Von Doz. Dr. Leonhard Küppers, Düsseldorf (4. Fortsetzung) (Dazu Titelbild, Abb. 2, 3) 9. Barock Woher die Bezeichnung „Barock" für eine bestimmte Kunstepoche kommt, ist bis heute nicht ganz klar. Für gewöhnlich führt man sie auf das spanische „barucca" zurück und hat in Italien, in Frankreich und seit dem 18. Jahrhundert auch in Deutschland damit den Begriff des „sonderbar Unregel mäßigen" verbunden. Erst seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde „barock" zum Stilbegriff innerhalb der Kunst, und zwar zunächst für die Architektur, bald aber auch für die Bildhauerei und die Ma lerei. Zeitlich wird der Barock zwischen Manierismus und Klassizismus eingeordnet und dürfte etwa von 1580 bis 1750 reichen. Seinen Ursprung nahm er in Italien, wo schon Michelangelo, der 1564 in Rom starb, in seiner grandiosen Malerei, in seinen kraftvoll bewegten Plastiken und vor allem in der mächtigen Kuppel der Peterskirche die Renaissance überwand und zum ersten Meister des Barock wurde, allerdings ohne direkte und ebenbürtige Nachfolger zu fin den. Er blieb auch in dieser Eigenschaft zunächst ein großer Einsamer. Der Barock hat als sogenannter ,,stren ger Barock" nicht nur seinen Ursprung in Rom, er hielt sich als solcher auch bis zum Jahre 1630 ausschließlich in Rom, wo Päpste und ihre Angehörigen die fast ein zigen großzügigen Auftraggeber für die Künstler waren. Erst nach 1630 tritt der Barock auch in anderen italienischen Zen tren auf, in Florenz und vor allem in Nea pel, ja er greift nun über Italien hinaus und entwickelt sich zu einem gesamt-europä ischen „Stil", immer allerdings nur in den katholischen Ländern; denn Barock ist eine
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