Christliche Kunstblätter, 93. Jg., 1955, Heft 1

graphischen Darstellung entnehmen, daß ein Kubik meter Luft von 10 Grad 9,4 Gramm Wasser in Dampfform enthalten kann, während dieselbe Luftirienge bei o Grad nur 4,8 Gramm Wasser enthält. Als grobe Faustregel können wir uns merken: Zwischen 10 und 30 Graden so viel Gramm als die Temperatur angibt. Zwischen o und 10 Grad 5 Gramm und pro Grad ein halbes Gramm dazu. Der Fehler, den man dabei macht, fällt für unsere Zwecke kaum ins Gewicht. Nehmen wir nun an, eine stark ausgekühlte Kirche mit o Grad Innen temperatur würde im Frühjahr bei 10 Grad Außen temperatur und gesättigter Luft gelüftet. Die Luft kommt in die Kirche herein und kühlt sich auf 0 Grad ab. Jeder Kubikmeter Luft gibt jetzt 9,4 weniger 4,8, das sind 4,6 Gramm Wasser an die Wände und Einrichtungsgegenstände ab. Wenn wir nun bedenken, daß bei einem Fenster bei stärkerem Luftzug pro Sekunde leicht ein Kubikmeter Luft einströmen kann, so ergibt dies in der Stunde 3600 Kubikmeter Luft und somit eine Wassermenge von zirka 16,5 Litern, die sich in der Kirche nieder schlagen. Wie man also sieht, kann durch falsches Lüften das Wasser buchstäblich kübelweise in die ICirche gebracht werden. Nehmen wir aber an, die Luft im Freien wäre trockener und hätte nur einen Wassergehalt von 4,8 Gramtn oder mit anderen Worten, die relative Luftfeuchtigkeit wäre nur zirka so Prozent des Sättigungswertes. Wenn sich nun die Luft auf o Grad abkühlt, ist erst der Tau punkt erreicht und noch nicht überschritten. Es kommt also noch zu keiner Wasserabgabe in der Kirche und die Luft kann ungestört ihre Wärrne an die Kirche abgeben. Und zwar wäre dies in unserem Beispiele eine Wärmemenge von 8700 Ka lorien bei einstündigem Lüften. Wollte man den selben Effekt durch Heizen erzielen, so müßte man selbst bei einem guten Öfen zirka 7 Kilo Kohle verheizen. Wir können also ganz kostenlos den Kirchenraum mit Hilfe der warmen Außenluft heizen. Aus diesem Beispiel läßt sich auch sofort der Grundsatz jeder Kirchenlüftung ableiten. Die Kirche darf nur gelüftet werden, wenn die Außentemperatur höher liegt als die Innentemperatur und die Innentemperatur zugleich höher liegt als der Taupunkt. Oder mit anderen Worten: Die Kirchentemperatur muß zwischen Außen temperatur und Taupunkt liegen. Wenn dieser Grundsatz konsequent eingehalten und dabei fleißig gelüftet wird, gelingt es tatsäch lich, die Kirche wärmer zu erhalten und ein so behandelter Kirchenraum wird auch das ganze Jahr hindurch trocken sein und die Gegen stände in ihm werden nicht so leicht Schaden leiden. Die langjährige prak tische Erprobung dieser Grundsätze in einigen Kirchen rechtfertigt diese Worte. Der Erfolg lohnt die ange wandte Mühe. Übrigens ist die ganze Sache in der Praxis viel leichter als es vielleicht für den ersten Moment den Anschein hat. (Fortsetzung folgt) (jramm Wasser pro Kubikmeter Luft 27

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