Christliche Kunstblätter, 93. Jg., 1955, Heft 1

DENKMALPFLEGE Über das Lüften von Kirchenräumen Von Pfarrer Karl Breit, Murstetten, NiederösterreicIi Bei unseren Kirchen handelt es sich fast aus schließlich um hohe Räume, die meist nur durch einfache Fenster gegen die Außenluft abgeschlos sen sind. Ein Heizen solcher Räume ist viel zu kostspielig; noch dazu werden unsere Kirchen nur an Sonntagen für einige Stunden voll ausgenützt. Andererseits ist aber in unseren Kirchen oft wert vollster Kunstbesitz vorhanden, der durch Kälte und Feuchtigkeit stark leidet. Es sind dies vor allem Ölbilder, Holzplastiken, Paramente und die Orgel, ja selbst die Wandmalerei kann durch Nässe leicht Schaden leiden. Neben dem Holzwurm ist die Feuchtigkeit der ärgste Feind unseres kirch lichen Kunstbesitzes. Die nachstehenden Zeilen befassen sich daher mit der Frage, wie dieser Übel stand durch geeignetes Lüften bekämpft werden kann. Dabei müssen wir uns vor Augen halten, daß das Lüften einer Kirche zu ganz anderen Zwecken erfolgt, als etwa das Lüften eines geheizten Wohn raumes oder Vortragssaales. Bei letzteren handelt es sich darum, die durch die Atmung der Benützer, durch Rauch und verschiedene Ausdünstungen ver dorbene Luft zu erneuern. Dieser Gesichtspunkt spielt bei der Lüftung eines Kirchenraumes kaum eine Rolle, denn der Luftraum einer Kirche, be zogen auf die Bodenfläche, ist so groß und die Benützung so kurzzeitig, daß von einer Luftver schlechterung durch die Atmung der Menschen kaum eine Rede sein kann. Wenn wirklich nach Schwamm könnte man auch seine absolute Feuchtigkeit nennen. Experimentieren wir nun in Gedanken weiter. Ich habe den Schwamm bis zu einem gewissen Grade zusammengedrückt und das überschüssige Wasser ausfließen lassen. Jetzt lockere ich wieder den Druck, ohne daß ich dem Schwamm Gelegenheit gebe, sich wieder vollzusaugen. Die ,,absolute Feuchtigkeit" des Schwammes ist also jetzt die gleiche geblieben, denn sein Wassergehalt ist ja noch immer gleich, aber in diesem neuen Zustande könnte der Schwamm mehr Wasser enthalten, bis er gesättigt wäre. Es besteht also jetzt im Schwämme ein Sättigungs defizit. Oder, weil ja der Schwamm nur zu einem bestimmten Prozentsatz seines Fassungs vermögens mit Wasser gefällt ist, können wir auch sagen: der Schwamm hat eine relative Feuch tigkeit von so und so vielen Prozent. Wenn ich den Schwamm nun wieder zusammendrücke, bis ich den ursprünglichen Druck erreicht habe, so ist er wieder zu loo Prozent mit Wasser gesättigt und bei noch stärkerem Druck beginnt das Wasser auszutropfen. Wir .nennen darum diesen Sättigungs punkt den T a u p u'n k t. An Stelle eines Bade schwammes hätten wir zu unserem Gedanken experiment ein Gefäß mit Wasser nehmen können, das wir unter verschiedenen Neigungswinkeln hal ten. Die nachstehende Bilderseric bedarf daher auch keiner nähereu .Erklärung. P ZI Sättigungsdefizif ^ relative Feuchtigkeit h.0 % Taupunkt rei.Feuchtigkeit TOD 7o 08 z einem längeren stark besuchten Gottesdienst die Luft verschlechtert sein sollte, genügt ein ganz kurzes Lüften, das meist schon automatisch erfolgt, wenn die Kirchentüre nach dem Gottesdienst län gere Zeit offen bleibt. Die richtige Lüftung einer. Kirche hat vielmehr den Zweck, an warmen Tagen die Außenluft herein zu lassen und auf diese Weise den .Kirchenraum wärmer und trockener zu machen. Um dies aber richtig durchführen zu können, müssen wir zu nächst einige physikalische Gesetze besprechen. Beginnen wir unsere Ausführungen mit einem Versuch, der so einfach und selbstverständlich ist, daß wir ihn gar nicht erst ausführen brauchen. Wenn man einen Badeschwamm zusammendrückt, ins Wasser hält und dann den Druck lockert, säuft er sich mit Wasser voll. Wenn ich nun den Schwamm aus dem Wasser nehme, so fließt jetzt nicht das Wasser wieder heraus, sondern erst, wenn ich ihn wieder zusammendrücke. Und zwar, je mehr ich ihn zusammendrücke, um so mehr Was ser fließt wieder heraus. Je nach der Stärke des Druckes bleibt immer eine bestimmte Menge Was ser im Schwamm. Die jeweilige Wassermenge im Die Begriffe: Absolute Feuchtigkeit, relative Feuchtigkeit, Sättigungsdefizit und Taupunkt sind uns nun wohl klar geworden. Damit können wir an unsere eigentliche Aufgabe herangehen. Die atmosphärische Luft kann je nach ihrer Temperatur verschieden viel Wasser in Form von Wasserdampf aufnehmen. Wir brauchen uns an Stelle des Bade schwammes oder Wasserglases nur ein bestimmtes Luftvolumen, z. B. einen Kubikmeter, zu denken. Wenn sich die Luft von bestimmter Luftfeuchtig keit abkühlt bis der Taupunkt überschritten ist, wird das überschüssige Wasser in Form kleiner' Nebeltröpfchen abgeschieden, die sich gerne an festen Gegenständen ansetzen. Andererseits nimmt eine Luft, deren relative Luftfeuchtigkeit gering ist, vorhandenes Wasser gierig auf und kann so feuchte Gegenstände trocknen. (Föhn beim Haartrocknen.) Betrachten wir nun die beigegebene F'igur. Von links nach rechts ist die Temperatur aufgetragen, von unten nach oben der Wassergehalt in Gramm pro Kubikmeter Luft. Die gekrümmte, stark aus gezogene ^ Linie zeigt uns an, wie viele Gramm Wasser ein Kubikmeter Luft von bestimmter Tem peratur enthalten kann. Man kann z. B. aus dieser 26

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