Christliche Kunstblätter, 93. Jg., 1955, Heft 1

deme bey Ausbesserung der 2 Seilten Altären vor 27 tag a I fl. 27 fl. 4. Auszug aus rechnung 1799: item dem Herrn Vergolder Kirschner von St. Pölten die zwey Seilten Altar zu fassen der Kirchenacordiret auf 300 fl., samt Kostiberschlag, aber der von Gutthätigen eingekommenen 68 fl. noch bezahlt .......... 232 fl. dem Büldhauer zu St. Pölten in denen Altären etwas auszu bessern bezalt I fl. 45 X dem 30ten Jenner zu denen zwey Seitenaltären 2 Neue Bilder geschafft worden pr 9 flDAS FORUM Malskats Fälschungen Der unerledigte Teil des Prozesses — Von Martin Erler Der Prozeß gegen Lothar iMalskat und Dietrich Fey vor der Zweiten Großen Strafkammer in Lü beck ist zu Ende. Er begann am 10. August vorigen Jahres, und man nahm an, daß er rund zehn Wo chen dauern würde. Jetzt erst wurde das Urteil gesprochen und Malskat zu einem Jahr und sechs Monaten, Fey zu einem Jahr und acht Monaten Gefängnis verurteilt. Aber was besagt in diesem Fall, dem Fall Malskat, das Urteil? Es betrifft zwei Männer, die der Kunstfälschung überführt sind, die aber, strafrechtlich gesehen, ebensogut als Wechselfälscher oder Milchpanscher vor den Schranken des Gerichts hätten stehen kön nen. Solche Urteile werden notiert, von den Be troffenen verschmerzt oder auch nicht verschmerzt, und im übrigen bald über den nächsten Fälscher fällen vergessen. Nur der Fall Malskat wird nicht so bald vergessen werden. Daran ist bereits jetzt nicht zu zweifeln. Das liegt einfach daran, daß das Strafgesetzbuch nur für die minder fesselnde Seite des l^alles, die private gewissermaßen, zuständig ist. So hat also das ,,Fiat justitia" aus dem Munde des Richters nur das juristische Fazit aus einer fast halbjährigen Verhandlungsdauer gezogen. Un erledigt bleibt der Teil des Prozesses, für den Malskat und die F'älschungen der Wandmalereien in der Lübecker Marienkirche nur ein Symptom darstellen, der Teil des Prozesses, der mit Malskat auch alle diejenigen, die sich von ihm täuschen ließen, in ein schwebendes Verfahren einbezieht, dessen richterliche Instanz das Gewissen der Zeit bildet. Um dies konkret zu fassen: Malskat hat sich verwundern dürfen und mit schauspielerischem Geschick entrüsten können, wieso dieselben Male reien, als sie noch für echt angesehen wurden, das größte Lob ernteten, jedoch dann, kaum daß die Fälschung ans Licht kam als Machwerke ge schmäht wurden. Wir sollten uns das mit aller Schärfe klarmachen! Da wird ein Festakt in der Marienkirche veranstaltet, heben hunderte Men schen ihre Augen und Herzen in Andacht und Ehrfurcht zu den Bildern, und dann ist das alles nicht mehr wahr, sondern Lug und Trug. Nicht mehr wahr sind die ,,gotischen" Malereien, der Fälscher hat selbst den Schwindel aufgedeckt. Wie steht es aber mit der Andacht und Ehrfurcht? Gab es auch hier — Fälschungen? Für diesen „Fall" sind freilich keine Paragraphen des Straf gesetzbuches heranzuziehen. Wer hätte auch in unserer Mitte das Recht, sie zu formulieren? Das Problem liegt noch komplizierter. Wahr scheinlich hat die Mehrzahl der Bewunderer der Lübecker Fresken, als diese noch „echt" waren, echte Ehrfurcht empfunden. Wem aber galt die Ehrfurcht? Den Heiligenfiguren? Oder einer be stimmten Art und Weise, in der die Heiligenfigu-' ren dargestellt sind? Dem Kunstinhalt oder der Einkleidung dieses Kunstinhalts in einen Stil? Wenn die Ehrfurcht tatsächlich dem Kunstinhalt gälte, wären die lübischen Kirchenbehörden ihre Sorgen quitt, was mit den Malskat-Malereien künf tig geschehen solle; denn dann könnten, ja sollten die Malereien an den Wänden verbleiben. Indessen ist man sich in Lübeck in dieser Flinsicht nicht recht schlüssig. Vor der Strafkammer war zu klären, inwieweit Malskat und Fey straffällig geworden waren, als sie fälschlich behaupteten, die unter dem Wand verputz ,,zum Vorschein kommenden" Malereien stammten von einem gotischen Meister. Vor dem Zeitgewissen steht zur Debatte, inwieweit es Lüge ist, sich die Stilmittel einer Epoche anzueignen, die der Vergangenheit angehört. Wird diese Frage be jaht, so wird durch den Tatbestand der Lüge zwangsläufig auch der Wahrheitsgehalt der Emp findungen des Publikums in Mitleidenschaft gezo gen. (Die Probe aufs Exempel: Kann man sich vorstellen Malskat hätte nicht einen strittigen Re staurierungsauftrag erhalten, sondern den Auftrag, die Marienkirche unter seinem Namen_„ä la Gotik" auszumalen?) Nichtsdestoweniger bleibt das Phä nomen bestehen, daß nicht nur Laien, sondern auch namhafte Kunstsachverständige durch die Falsifika tionen düpiert worden sind. Dieses Phänomen läßt sich nur so erklären, daß die geistig-seelische Konstitution des Menschen von heute für bestimmte Kaschierungskünste und Kunstmanipulationen anfällig ist. Zwischen künst lerischem Beeinflußtwerden, Kunstnachahmung und Kunstfälschung sind oft nur feine und feinste Grad23

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