Christliche Kunstblätter, 93. Jg., 1955, Heft 1

heißt: . . den zum umbsturtz geneigten alten thurn meiner Pfahr Kirchen zu Carl stetten aufzubauen, auß ursach das nicht Vileicht Von ungefähr Ville leith unten er schlagen werden, und anbe}' die ney Erbaute Kirchen möchte schadten leiden . . und weiter unten: . . Eß ist auch der alte Thurn Von der Ney und hoch erbauten Kirchen gleichsam gänzlich Verbauet und Verstehet . . (sic)^®). In einem Ver zeichnis der Pfarrherren von Karlstetten^®) steht verzeichnet: „1758—1770 Leopold Unterwöger (Unterweger) hat vieles zum neuen Turm verschaffet"; in einer Kirchen rechnung von Schaubing (Filiale von Karl stetten, Ortsgem. Karlstetten) aus dem Jahre 1769^') ist vermerkt: „Item seind zu dem Carlstetterischen Thurn und Kirchengebeu gegeben worden 350 fl." Der Bau stellt nun in der 1742—1755 er richteten Form eine große, einschiffige, vierjochige Kirche dar, mit eingezogenen Pfei lern und durch Gurten getrennte Platzel gewölbe. Der einjochige Chor ist eingezogen und mit flach abgerundeter Apsis geschlos sen. Ein stark verkröpftes und kräftig pro filiertes Gesimse durchläuft Langhaus und Chorjoch und setzt sich in der Apsis im Gebälk des Hochaltares fort. Der reicher gestaltete Orgelchor ruht auf zwei Pfeilern, der Mittelteil der Brüstung ist leicht vor gewölbt. Der Turm ist zur Hälfte in den Kirchenraum hineingebaut. Das Außere des Baues ist völlig kahl und ungegliedert, lediglich das oberste Turmgeschoß ist durch je ein Gesimse, das um die Zifferblätter der Uhren halbkreisförmig nach oben bzw. nach unten herumgeführt wird, reicher gestaltet. DIE EINRICHTUNG gehört zum größten Teil dem letzten Viertel des 18. Jh. an und vermag dem schönen Innenraum nicht die Wirkung zü geben, die hätte erreicht werden können. Sie wurde in der Hauptsache unter Pfarrer Franzi.skus Renner (1770—1780) hergestellt und unter Pfarrer Leopold Crammer, der 1792 nach Karlstetten kam, ,,in eine bessere Form gebracht"i8). Pfarrarchiv Karlstetten. Notizen über die Pfarre Karlstetten, von Pfarrer Crammer (1817 Dezember i), Pfarrarcliiv Karlstetten. Kirchenrechnung Schaubing 1769, Pfarrarchiv Karlstetten. ") Vgl. a. a. O., Anm. 16. 20 Der Hochaltar wurde der Kirchen rechnung von 1772 zufolge gleich der Kan zel in diesem Jahre von St. Pölten „her geführt und in der Kirche aufgesetzt"^"). Wieder entnehmen wir den handschrift lichen Aufzeichnungen Fahrngrubers'") nach dem Renk'schen Memorabilienbuch eine wertvolle Notiz: „Altar in Karlstetten von A(ndreas) Gruber-^) in St. Pölten, Tischler Wimmer ibidem und Maler Hackl 1775." Lediglich bei der Jahreszahl dürfte gegenüber der Kirchenrechnung ein kleiner Abschreib- oder Lesefehler vorliegen. Der Hochaltar besteht aus einem mächtigen Wandbildaufbau aus Holz, der den ganzen Raum der Apsis einnimmt. Er wird von je einem mächtigen korinthischen Säulenpaar flankiert und ist gegen außen, entsprechend dem Chorschluß, leicht einwärts geschwun gen. Der Aufbau ist über einer hohen Sokkelzone errichtet, wobei dem vorgezogenen Säulenpaar je ein Pilasterpaar am Wand aufbau entspricht. Gegen oben bildet ein kräftiges Gebälk den Abschluß, welches in der Mitte einen Segmentbogen bildet. Dar über befindet sich ein flach profilierter Auf satz, der nach außen in je einer gegen vorne zu gerichteten Volute ausläuft. Im Aufsatz ist die Hl. Dreifaltigkeit zur Darstellung gebracht; in der Mitte, halbplastisch, der Pfarrarchiv Karlstetten. 20) Vgl. a. a. O., Anm. 14. Andreas G r u b e r (um 1723 Augsburg — 1784 St. Pölten), Bildhauer. Vgl. Thieme-Becker, Allg. Künstlerlex. 15 (Lpz. 1922), S. 119; ferner: Riesenhuber, Kirchl. Barock kunst, S. 441; Fahrngruber, Aus St. Pölten 1885, S. 12Ö f, 289; August Herrmann, Gesch. d. If. Stadt St. Pölten (das. 1917) I, S. 608 ff, bes. Anm. 5; Bruno Grirascliitz, Das barocke St. Pölten, in: Erwin Stein, Die Städte Deutschösterr., III, Berlin —Friedenau 1928, S. 65; Gerhard Bittner, Beiträge zur St. Pöltner Barockplastik, St. Pöltner Wochen post, 6. Jg. (1950), Nr. 7—8. ders., Andreas Gruber, ein St. Pöltner Barock bildhauer, Beilage zum St. Pöltner Amtsblatt (Mit Bl. d. Kulturamtes), Jg. 1952, Folge 6—7. Daten: Verehelichung mit Ro.salia Kliebstötter 29. August 1752 (Dompfarre St. Pölten, Traubuch II, fol. 754; gest. 24. März 1784 (nicht T783, wie meist angegeben) im 62. Jahr; wohnhaft Stadt 163 (heute Marscballplatz 19, Gasthaus Weißes Kreuz), (Dompfarre St. Pölten, Sterbebuch III, fol. 378). Weitere Werke: Hauptwerk: Dreifaltigkeit.ssäule auf dem Breiten Markt (Marschallplatz) in Sankt Pölten, 1767—1782. Kilb, Turmhelm, 1768, Kanzel, 1754. Strengberg, Hochaltar, 1781. St. Pölten, Fran ziskanerkirche, Plastiken der Altäre (?), Inst, der Engl. Fräulein, Teil der Portalplastiken (?), Sta tuen der vier Kirchenväter und F.vangelisten in der Kirche (?).

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