einem kleinen, komplizierten Giebelchen. Während sich die Seitenachsen der Kir chenfront in der Flucht des Spitalskom plexes halten, wölbt sich in konkavem Schwung der Mittelrisalit nach vorne''-). Flier befinden sich auch die einzigen Wand öffnungen, nämlich das Hauptportal, das in eine Nische versenkt wurde und darüber ein Fenster mit sehr tiefer Laibung. In die aus geraden und gebogenen Flächen auf gebaute Fassade bringen diese schattenden Öffnungen einen Kontrast, der an Fontanas Kirche S. Biagio erinnert, bei der durch Schräg-stellung der Gesimse in den Fensterund Portallaibungen dieselben noch tiefer erscheinen sollten, als sie es tatsächlich wa ren. Überhaupt könnte man dieser Kirche eine für S. Gallicano vorbildhafte Wirkung zuschreiben, wobei wieder einmal die Ge genüberstellung der beiden Denkmäler zeigt, in welch diminuierender Weise das t8. Jh. sich gegenüber den Typen des 17. Jh. verhielt. Zu den besten Leistungen Raguzzinis zählt die Fassade der kleinen Kirche S. Maria della Quercia, die 1727 erbaut wurde®®) (Abb. 10). Diese Front ist nicht so sehr selbständige Schauwand, sondern eine zur Fassade ausgestaltete Wand der Kirche, die den nach vorne gewölbten Kir chenraum einhüllt. Auch sie ist in der Glie derung flächig, sitzt wieder auf hohem Sokkel auf und wird in zwei ungleich hohe Geschosse unterteilt; wie in S. Gallicano ist auch hier der Schwung der Fassade in kleine Strecken unterteilt, die sich in den vielschichtigen Pflastern zu überlagern scheinen. Dort bricht sich dann das Gesims in spitzen Winkeln, die zackig abstehen und dem Bau eine gewisse Preziosität zu ver leihen vermögen, die an kunstgewerbliche Arbeiten, etwa Möbel, erinnert. Man könnte den Bau auch als Verselbständigung und Weiterentwicklung des Teiles eines größe ren Baues interpretieren; so fühlt man sich etwa an den Kuppeltambur von Borrominis S. Ivo erinnert, dessen mit Pflaster geglie derte Konvexen als Anregung gedient haben könnten. Wiederholt wurde der Versuch gemacht, Raguzzini als den Begründer des römischen Rokoko herauszustreichen, doch scheint rnir der Terminus nicht übermäßig glücklich gewählt. Wenn man den Begriff „Rokoko" auf die römische Architektur überhaupt übertragen will, dann paßt er bestenfalls zu jener noch zu besprechenden Strömung der Dreißigerjahre, die eine entsprechende Vor liebe tür dekorativen Reichtum an den Tag legte. Diese setzt aber erst zu einem Zeit punkt ein, als Raguzzini schon vom Schau platz der Entwicklung weitgehend abgetre ten war. Seine Arbeiten und die Bauten der gleichen Stilstufe könnte man dagegen viel entsprechender mit dem Stil des franzö sischen Regence konfrontieren, mit dem sie auch zeitlich besser übereinstimmen als mit dem Rokoko. Damit soll aber durchaus nicht ein direkter Zusammenhang dieser Phasen des Spätbarocks mit der französi schen Architektur angedeutet werden, deren Einwirkung auf Italien zu gering war, um größeren, nachhaltigeren Eindruck hinter lassen zu können. Wohl waren vereinzelt in diesem Zeitraum auch französische Künst ler in Rom tätig, wie etwa Antoine Derizet aus Lyon, doch fallen seine Bauten schon fast in eine Zeit, die wieder von einem neuen, barockeren Impuls getragen wurde, in der sie dann, verhältnismäßig konser vativ, den Stil der Zwanzigerjahre weiter spinnen. Die burgundische Nationalkirche S. Claudio auf der Piazza .S. Silvestro®^) (Abb. Ii) wurde 1728 errichtet. Stilistisch ordnet sie sich ohne weiteres den Fassaden Raguzzinis und der ihm nahestehenden Bauten ein, wenn sie auch noch etwas nüch terner wirkt. Flache Pflaster und einfache Rahmen sowie sparsamste dekorative De tails bestimmen ihre Erscheinung. Mit ähn lichen Mitteln hat Derizet 1728—1736 die Außengestalt des Zentralbaues von S. Maria Nome gegliedert®®), der sich aber natur gemäß durch seine Allansichtigkeit von der einfachen Kirchenfront in der Gesamtwir kung entsprechend unterscheidet. (Fortsetzung folgt) Damit erinnert die Fassade von S. Gallicano an jene von S. Maria del Rosario auf dem Monte Mario. Rotiii, bes. S. 47—48. "b Scatassa zu 1728, Thieme-Becker, Bd. IX, S. 96, Rotiii, S. 54. A. Prandi. A. Derizet e il concorso per la facciata di S. Giovanni in Laterano, Roma 1941. Siehe Fußnote ""I. 13
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