Dienst der Kirche zu steilen. Professor Wolfgang von Wersin, der für ihre Arbei ten vollste Anerkennung fand, äußerte kürzlich: „Die Arbeiten mancher sogenann ter ,Modernen' mögen Leckerbissen für Berufskritiker und Ästheten sein. Im Dienst der Kirche wirken manche ihrer Figuren äußerst fatal. Gertrude Stöhr ist hingegen im besten Sinne modern, doch ihre Gestalten wahren ausnahmslos die Menschenwürde und die Würde ihres kirch lichen Verwendung,szweckes." Die Kirchenfassaden des römischen Spätbarocks Von Renate Rieger, Wien (Dazu die Abb. 7, 8, 9, 10, 11) (3. Fortsetzung) Solche theatralische Effekte, die eine innere Verwandtschaft mit der Zerlegung der Fassade in Raumkulissen haben, bleiben aber verhältnismäßig selten. Das Pathos, welches sie voraussetzen, ist für die Inten tionen dieser Stilphase .schon zu groß. Sie wird viel reiner repräsentiert in einer Fas sade wie der von S. Agata in Trastevere von 1710®®) (Abb. 7). Flier fehlen die räumlichen Effekte; das Hauptgewicht liegt in der Schichtung von Wand und Pilaster, in zarter Verkröpfung, dünnem Linienspiel und einer diskret eingefügten Ornamentik. Hier scheint erstmalig alles, was das 17. Jh. an Anregungen zu bieten hatte und das bei den übrigen Fassaden der beiden ersten Jahrzehnte noch direkter nachwirkte, voll kommen in das Intime und Harmonische umgesetzt zu sein, wobei alle Momente, welche Spannung oder Bewegung in den Fassadenspiegel hätten bringen können, bewußt ungenützt blieben. Diese Stilströmung wurde in den Zwan zigerjahren führend. Die Fassade von vS. Paolo alla Regola von 1721^^) (Abb. 8) von Giuseppe Sardi und Giacomo Cioli ba siert vorwiegend auf borrominesken An regungen. Das Untergeschoß, fünfachsig, von gestuften Pilastern gegliedert, trägt ein Hauptgesims, das sich über dem Mittel portal leicht nach vorne wölbt. Das drei achsige Obergeschoß hingegen hat eine zurücktretende Mittelachse, vor deren ein facher, türartiger Öffnung sich ein kleiner Balkon vorlagert. Auch der borrominesk geschwungene Giebel, durch den die mitt leren Streben in manieristischer Weise hin durchwachsen, wird in der Mitte gebrochen und leicht nach rückwärts gebogen. Alle Formen sind fein und zart, die Bewegung, welche das Vor und Zurück der Wand schichten in die Fassade bringt, gleicht eher einem zarten Vibrieren als einem wirklichen barocken Schwung®®). In den Jahren 1724—1730 war Benedikt XIII. Orsini Papst. Vorher Erzbischof von Benevent, hat er von dort seinen Bau meister nach Rom mitgebracht: Filippo Raguzzini®®), den er sich aus Neapel geholt hatte. Unter der Patronanz Benedikts hat nun Raguzzini eine ganze Reihe von Bau ten errichtet, zu denen auch einige Kir chenfassaden zählen. Sein populärstes Werk ist die Platzanlage vor S. Ignazio mit den kulissenartig versetzten Flausfassaden, deren intime Wirkung von kei nem anderen Platz Roms übertroffen wird. Raguzzini war von seinen Zeitgenossen keineswegs geschätzt, und zum Teil wohl auch aus persönlichen Gründen mußten seine Werke manch abfällige Kritik über sich ergehen lassen. Stilistisch vertreten sie jene Stufe, die auch durch S. Agata und S. Paolo alla Regola vertreten wird; da aber diese schon vor der römischen Tätig keit Raguzzinis entstanden waren, geht es nicht an, ihn allein für diese Richtung verÄhnliche Stilqualitäten zeichneten die Fassade von S. Maria in Portico aus, die 1725 von Laura Odeschalchi errichtet wurde. Armellini, S. 775, mit alter Ansicht. •'®) Golzio, S. 24, Fußnote ^). A. Grossi Gondi, La prima dimora di S. Paolo in Roma, Illustratione Vaticana, III, 83, Armellini, S. 487, Angeli, S. 441, Golzio, S. 20. M. Loret, L'architetto Raguzzini e il rococo in Roma, Bolletino d'Arte, 1934, S. 319—321. — V. Golzio, Nuovi Documenti su Filippo Raguzzini, Archivi d'Italia, Rom I., 1933—1934, S. 145. — Mario Rotiii, Filippo Raguzzini e il Rococo Ro mano, Rom, 1952. 11
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