Christliche Kunstblätter, 93. Jg., 1955, Heft 1

schmelz) oder aber auch in die durch Schnitt oder Treibarbeit bzw. Punzierung gebildeten Reliefs (beim Silber-Tiefschnitt oder Reliefschmelz) der Metalloberfläche eingefüllt. Diese Verfahren dienten den Goldschmieden zum Verzieren der Ober flächen von Bildplatten oder Geräten, meist aus Bronze, Gold und Silber. Man spricht daher vom Goldschmiedemail. Maler überzogen die Metallflächen mit einer Grundemaillierung und malten auf die sem Malgrund mit wassergemengtem Glas pulver so wie auf anderen Malgründen mit öl- oder dergleichen Farben. Ihr Verfahren heißt daher das Maleremail oder die Schmelzmalerei, Sowohl beim Goldschmied- wie beim Maleremail werden die Metallstücke mit dem aufgetragenen Glaspulver bei hohen Temperaturen im Ofen gebrannt, wodurch das Glaspulver geschmolzen und dem Metallgrund, dem sogenannten Schmelzträger, unlöslich verbunden wird. Die Verwendung opaker, transparenter und transluzider Glas flüsse läßt unendliche Vielfalt der Färb- und Lichtwirkung zu und gestattet eine weite Abwandlung der künstlerischen Ausdrucks mittel. Neben der Kostbarkeit des Schmelzträ gers (Bronze, Gold, Silber usw.) waren es das erforderliche hohe handwerkliche Kön nen und die technischen Schwierigkeiten der zahlreichen differenzierten Arbeitsvor gänge, die den mit Schmelzkunst verzierten Kult- oder Schmuckgegenständen so hohen Wert verliehen, daß man sie entweder über dies noch durch Anbringen von Perlen und Edelsteinen bereicherte oder sie an sich schon den Werken der Juwelierkunst gleich setzte. In den Zeiten der tiefsten Frömmig keit und Glaubensinbrunst wurden daher die erlesensten Dinge in Schmelzkunst aus gestattet und in den Dienst der Kirche gestellt. Darum finden wir in den kirch lichen und weltlichen Schatzkammern Reliqtüenschreine, Stand- und Vortragskreuze, Tafelaltäre (Klosterneuburg, Mailand und anderes mehr),Tragaltäre, Kelche, Ciborien, Kußtäfelchen, Meßbuchdeckel, Bilder, Re liefs und Kleinplastiken sowie allerlei Altar gerät mit den herrlichsten Schmelzkunst arbeiten aller Stilperioden geschmückt. Das 17. und die folgenden beiden Jahrhunderte brachten — von wenigen Ausnahmen ab gesehen — Verfall und Stillstand der .Schmelzkunst. Erst aus dem Drang der 8 Jugendkünstler um die Wende zum 20. Jahr hundert nach Werk- und Materialgerechtig keit erwuchs die Wiedergeburt manchen alten Kunsthandwerks als Reaktion auf die geistlose Verflachung infolge der Industria lisierung der ,,Kunstwarenproduktion". Diesen Anregungen verdanken wir auch die Wiederbelebung der Schmelzkunst im Dienste der Kirche. In der Royal Academy zu London zeigte im Jahre 1899 Alexander Fisher ein wun dervolles Triptychon, bestehend aus einer Himmelfahrt Christi im Mittelfeld und zwei Prophetenbildern auf den Seitenflügeln in Maleremail auf Silber. Auf der British Arts and Crafts Exhibition desselben Jah res erregte sein silbernes Standkreuz mit einer Variation seines Himmelfahrtsbildes ebenso Aufsehen, wie seine Schmelzmalerei der „Rosa Mystica". Unter den zahlreichen Ausstellern kunst gewerblicher Emailgegenstände des pro fanen Gebrauchs auf einer Kunstausstel lung zu Liverpool um 1900 finden wir eine Frau, Kate Eisher. Sie schuf ein silber getriebenes Pro'zessionskreuz mit Email verzierung. In denselben Jahren schufen Etienne Krier, Nelson Dawson und seine Frau Edith Kupfertreibarbeiten mit Schmelzkunstauszier. Überwiegend jedoch wurden im allgemeinen Schalen und Schüs seln, Galanteriewaren und Geschenkartikel erzeugt, deren Flerstellung immerhin das technische Können in unsere Tage herüber gerettet hat. Das Verdienst an diesem Bewahren und Wiedererwecken der Schmelzkunst gebührt vielen Künstlern und Kunsthandwerkern, deren Rolle auf diesem Gebiet noch viel zu wenig gewürdigt worden ist. Der Raum gestattet nur die Nennung der wichtigsten Namen. In Westdeutschland leitet Walter Loch müller die Staatliche Höhere Fachschule für das Edelmetallgewerbe zu SchwäbischGmünd. Aus seinen und den Fländen sei ner Frau Charlotte stammen zahlreiche künstlerisch reizvolle und technisch voll endete Arbeiten, vorwiegend zu profanen Zwecken. In Frankreich beschäftigen sich die Mönche des Benediktinerklosters zu lüguge mit dem Kopieren der Entwürfe berühmter Maler wie Chagall, Braque, Marchand oder Rouault usw. in Schmelz malerei, während P. Richert in Paris, der Nestor der französischen Schmelzkünstler,

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