Wiedergeburt der Glasmalerei Von Prof. Alfred Stifter, Linz (Dazu die Abbildung 15) (i. Fortsetzung.) Der in unserem ersten Teil skizzierte Weg einer Erneuerung des sakralen Glas fensters soll in manchen Einzelheiten nun eine Ergänzung erfahren. Um den sich im Laufe des 19. Jahrhunderts noch steigern den Verfall zu kennzeichnen und die Schwierigkeiten einer wirklichen Erneue rung von innen heraus zu zeigen, ist es im mer wieder notwendig, den Blick auf die Blütezeit dieser Kunst und ihre geistigen und handwerklichen Voraussetzungen zu richten. Der Wille zur Erneuerung der mittel alterlichen Glasmalerei mußte sich im 19. Jahrhundert erst wieder ein taugliches Werkzeug schaffen. Nicht nur die naturali stische Tendenz der Zeit aber war dabei ver hängnisvoll, wie wir schon hervorgehoben haben, auch der fabrikmäßige Werkstätten betrieb selbst, ein richtiges Kind seiner Zeit, war mit der unglücklichen Parole der „Stil reinheit" zusammen nicht geeignet, eine echte Wiedergeburt zu sichern. Das Material blieb das gleiche, wie es schon im zwölften Jahrhundert der Mönch Theophilus erwähnt, soweit seine Angaben zutreffend sind. Damals wußte man schon durch Beisetzung von Metalloxyden wäh rend des Schmelzvorganges des Glases bunte Tafeln herzustellen. Kobaltoxyde aus Böhmen ergeben Blau, mit Mangan oder Kupfer versetzt erhielt man violette oder grünliche Blautöne. Kupferspäne mit desoxydierenden Eisensplittern machen den Glasfluß rot. Da es leicht zu dicht und dun kel wird, schmilzt man dünne rote Überfangschichten auf weiße oder blau und grün getönte Scheiben. Das Kupferoxyd als grüne Glasfarbe ist uns ja auch aus den (Jlasuren der Töpferwaren her bekannt. Mangan mit Eisenoxyd färbt gelb. So konnte man mit den Mineralien, die alle mit Ausnahme des böhmischen Kobalts im Lande der großen Glasfensterzyklen Frank reichs zu finden waren, die Hauptfarben gewinnen. Die unvollkommene Technik der Glas erzeugung bewirkte manche Reize, wie Bläs chen und Schlieren in den Scherben, un regelmäßige Tönungen verschiedener Ab stufungen, die je nach Dichte fernere Ab stimmungen der Töne zueinander zuließen. In mühsamer Arbeit wurden dann die ge wünschten Glasstücke nach einer auf Holz tafeln in Originalgröße aufgezeichneten Vorlage abgesprengt und mit Zangen und Kröseleisen zurechtgeformt, bevor man den Diamant anzuwenden lernte. Die primitive, nur vorbereitende Zeichnung hatte den gro ßen Wert, daß sie zwang, gleich „im Ma terial zu denken" statt Bilder aus anderen Techniken ins Glas zu übertragen! Ebenso schloß die mühsame Zurechtrichtung der einzelnen Glasstücke jede gekün stelte Form aus und zwang zu einer dem Wesen des Glases entsprechenden Gestaltung. Die Zeichnung auf den Scherben vermit telte schon immer eine zügig aufgetragene undurchsichtige Farbe, das Schwarzlot, das in einem entsprechenden Schmelzofen dann glas wetterfest aufgebrannt wurde. Bleiruten von H-förmigem Querschnitt fügen schließ lich die einzelnen Scherben zu Tafeln zu sammen, den durch Eisenschienen und Maß werk begrenzten Teilen des Fensters ent sprechend. Es ist uns auch überliefert, daß sich Glas malereiwerkstätten, wie die Dombauhütten an den Domen selbst, für die zu arbeiten war, niederließen. Eine solche Werkstätte stand so naturgemäß in engster Beziehung zum Bau, der die Fenster erhalten sollte. Nur so ist die überzeugende Geschlossenheit der endgültigen Wirkung der verglasten Räume zu verstehen, aber auch die Gefahr, die eintreten mußte, wenn diese enge orga nische Bindung einmal fehlen sollte. Von der geistigen und geistlichen Atmosphäre, in der die Arbeiten damals verrichtet wur den, ganz zu schweigen. So konnte auch das geringe Talent sich im großen Chore der Meister halten und seine bescheidenere Aufgabe im Rahmen des Ganzen zufrieden stellend leisten. Was an Routine hinzuge lernt wurde, mußte sich bei dem innigen Kontakt mit dem Baukörper in stets an schaulich erlebten neuen Situationen bewäh ren und selbst nur handwerklich gedachte Verrichtungen fügten sich der Gesamtheit des Kunstwerkes schließlich harmonisch ein. So erweisen sich die kräftigen breiten 44
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