die deutlich aufweisen, daß unter den Ottonen langsam überwunden wird, was noch an die Bauten des heidnischen Altertums oder an das Karolingische erinnert. Sie nehmen zum Teil burgenähnlichen Charak ter an und offenbaren damit etwas völlig Neues, Kraft und Wucht germanischer Stämme. Es ist der Anfang eines neuen Stils, der sich in jenem fortsetzt, den wir seit 1820 den „romanischen Stil" nennen, weil auch er nicht darauf verzichtet, be stimmte Einzelheiten der Baukunst des al ten Roms mitzuverwerten, zum Beispiel den Rundbogen und die Säule. Die Zeit die ses Stils läßt sich nicht haarscharf abgren zen, aber man geht nicht fehl, sie etwa vom ersten Drittel des elften Jahrhunderts bis in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts an zusetzen. Auch die romanische Kunst ist vorzüg lich Baukunst. Gewiß gibt es für die gro ßen Flächen über den Fenstern im Kirchen raum eine gute Möglichkeit zu Wandgemäl den, deren noch viele erhalten sind, gewiß gibt es wundervolle romanisch farbige Fenster wie im Augsburger Dom, es gibt reichverzierte Säulenabschlüsse, sogenannte Kapitäle, es wird die Reliefkunst abgelöst durch eine Figurenkunst, die sich gleich sam in den Raum hinauslöst, ja die Kunst der kleinen Figur wird zur Kunst der gro ßen Figur in Torbögen, an Chorschranken wie in Bamberg und an Portalsäulen wie in Chartres in Frankreich und anderswo, aber alles, was so an Kunstwerken aufzuweisen ist — die herrlichen Buchmalereien ausge nommen — steht doch mehr oder weniger deutlich in Verbindung mit der Architek tur, mit dem Kirchenbau als solchen. Wir sprechen deshalb mit Recht von der romani schen Monumentalmalerei und Monumen talfigur oder -plastik. Romanische Baukunst findet sich vor al lem in Norditalien, in Frankreich, in Deutschland und hier wiederum besonders im rheinischen Raum. Die Dome von Trier, Speyer, Worms, Mainz, St. Aposteln in Köln, in Sinzig am Rhein, in Andernach und in Maria Laach gehören hierher. Ihnen gesellen sich eine Unzahl kleinerer und größerer Kirchen in allen Gauen Deutsch lands zu, und das schon zeigt an, daß hier ein einheitlicher christlicher Geist am Werk war, der einheitliche künstlerische Formen schuf. Man betrachte einmal die Abteikirche von Maria Laach. Zunächst: sie liegt nicht irgendwo, sondern an einem See, in dessen Wasser sich ihre Türme spiegeln und bie tet so ein Bild heiterer, gelassener Ruhe. Sie beansprucht in der Welt einen ganz be stimmten Ort. Heiter und freundlich wirkt auch das durch vorspringende Mauerstrei fen, den sogenannten Lisenen, und durch nach außen hin offene Zwerggalerien auf gelockerte schwere Gemäuer, völlig anders als das eintönige Gemäuer einer frühchrist lichen Basilika. Dann ist da noch etwas an deres! Nicht zwei Türme wie in An dernach geben dem Gesamtbau eine beson dere Betonung, sondern gleich sechs, die sich machtvoll zusammenballen, wobei die flankierenden Seitentürmchen wirken wie zuchtvolle Flalter eines mächtigen Wappens, besser noch des Wappens eines Mächtigen, der hier kein anderer ist als Gott. Die ganze Kirche wirkt wie eine uneinnehmbare Got tesburg. Das sind nur einige wenige Gedanken, aber sie mögen genügen, uns aufhorchen zu lassen, und uns mit dem Geist vertraut zu machen, der die romanischen Dome schuf. Man wird: es nicht ganz übersehen können, daß die Christen um das Jahr 1000 das Ende der Welt erwarteten, daß die Menschen Buße taten, daß Fürsten ihre Güter ver schenkten und ins Kloster gingen, daß also eine bis ans Krankhafte reichende Gespannt heit da war. Die aber löste sich langsam wachsend mit einer neuen Eroberung der Welt ab. Kann es also verwundern, daß auch die Kirchenbauten im ganzen einen heiteren Charakter bekamen! Dann aber weiter noch: Es war die Zeit der großen Spannun gen zwischen Staat und Kirche, die ihre düsterste Note erhielt im Kampf zwischen Gregor VIT und dem Kaiser Hein rich IV., der zum Zeichen seiner Macht den Speyerer Dom schuf und ihn mit dem ersten mächtigen Gewölbe überwölbte. Kann es wiederum verwundern, daß nun also die Zeichen kirchlichen Machtanspruches als Anspruch der Macht Gottes über jeden irdi schen Fürsten auch im Kirchenbau sicht bar -werden? Lind immer noch ragen die Dome — mächtige Akzente in der Land schaft — auch in unsere Zeit hinein. Wer den sie auch heute noch vernommen, diese steingewordenen Gebete eines gläubigen Volkes der Vergangenheit? (Fortsetzung folgt.) 43
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