die Bildbeilagen dem mutigen, zeitaufgeschlossenen christlichen Wort der Patres begegnen, das sie sonst wahrscheinlich nicht gehört hätten. Immer hatte, blicken wir in die Vergangenheit zurück, Erneuerung und Blüte der religiösen Kunst in einer Erneuerung und Blüte kirchlichen Lebens die Voraussetzung gehabt. Und wenn die Geschichte beweist, daß es das Zweite ohne das Erste nicht geben kann, und daß sich der Geist der Erneuerung am schönsten in den davon inspi rierten Werken ausdrückt, dann gehört auch heute zusammen und nicht in Fachzeitschriften immer getrennt, was nun der „Große Entschluß" so vor züglich vereint. Auch scheint hier der richtige Ort der Erprobung und der Diskussion und deshalb finden wir es selbstverständlich, daß das künst lerische Wagnis und nicht die vorsichtige Arbeit — nicht heiß und nicht kalt — im „Großen Ent schluß" sich zeigen soll. Diese Linie wird auch mit kleinen, auch als solche-vermerkten Ausnah men, in den bisherigen bebilderten Heften konse quent verfolgt und man kann nur wünschen, daß in Fortführung dieser Richtung reiche Ernte ein gebracht wird! A. S. Kunstchronik aus Deutschland I. Vorromanische Kunst T R I E R. Mit dem Abschluß der Wiederherstel lungsarbeiten in der 1936 bis 193g freigelegten karolingischen Krypta (Außenkrypta) der ehemali gen Kirche des Klosters St. Maximin können jetzt nicht nur die Reste dieser architektonisch hoch interessanten spätantiken Grabkammer, sondern auch die ebenso bedeutenden karolingischen Wand gemälde von dem kunstinteressierten Publikum be sichtigt werden. Diese Wandfresken stellen mit der Darstellung der teilweise erhaltenen Kreuzigung, der Prozession der Tugenden und Märtyrer und den Stifterbildern den größten Bildzyklus der vor romanischen Epoche nördlich der Alpen dar und haben wohl nur noch ihresgleichen in Rom und Ravenna. Für die Kenntnis der frühesten abend ländischen Monumentalkunst sind sie von größter Bedeutung. AACHEN. Im Zuge der Wiederherstellung des Münsters spielte vor allem auch die Einsetzung eines neuen Westfensters in der Kaiserloge (West werk), da das ehemalige Fenster durch Volltreffer vernichtet worden war, eine große Rolle. Nach monatelanger Arbeit ist eine im wahrsten Sinne des Wortes zu bezeichnende Neuschöpfung dem Aachener Professor Matare gelungen, so daß die Einsetzung und Einweihung des neuen Fensters schon am diesjährigen Karlstage vorgenommen werden konnte. Das neue Fenster besteht aus drei Teilen mit je acht Tafeln. Jede Tafel ist ein aus schwerem und stabilem Gußwerk gefertigtes plasti sches Gitter. Im Ganzen wiegt das 17 m- große Fenster rund 2800 kg. Nur ein Drittel der Fläche nimmt der von den Stegen freigelassene Raum ein. Zu seiner Verglasung diente ein grünlich-graugetöntes Antikglas bzw. ungefärbte kristallähnliche Glasbrocken, so daß der Raum des Thronsaales jetzt wie von schwebenden Helligkeiten erfüllt ist. Das Gitterwerk der Stege bildet ein Ornament, wobei Kreisabschnitte von Trapezen begleitet und durch sogenannte Andreaskreuze verbunden werden, so daß das neue Fenster nicht mehr wie sein Vorgän ger nur ein ,,Fenster" darstellt, sondern eher einer transparent gewordenen ornamental durchbrochenen Raumbegrenzung gleicht. Dadurch entsteht nun eine ganz neue Interpretation des Sechzehnecks, die als ein genialer Beitrag der Moderne für den Ge samtorganismus der Münsterarchitektur gelten darf. EU L D A. Eine kurz vor der Publikation ste hende Sammlung der in den letzten Jahren aus gegrabenen karolingischen und ottonischen Bau schmuckreste erbringen den Beweis, daß Fulda die karolingische Renaissance bzw. seine Anknüpfung an die Antike nicht von Aachen, sondern von Rom übernommen hat. Die von Radgar unter Abt Baugulf neuerbaute Klosterkirche, das ,,templum Orien tale" bzw. das „templum occidentale", ergab grund rißmäßig eine enge Anlehnung an St. Peter und ebenso an Santa Maria Maggiore in Rom. Die Ka pitelle aus dieser Bauepoche können gegenüber ihren antiken Vorbildern als grob, kraftvoll und vereinheitlicht bezeichnet werden, ihren übrigen Zeitgenossen in Deutschland dürften sie aber über legen gewesen sein (vgl. die noch erhaltenen joni schen Säulen der von Fulda aus erbauten Basilika zu Solnhofen). Denkt man auch an das von Fulda aus gegründete Kloster Lorsch, so werden die bau lichen Beziehungen Fulda—Rom am stärksten untenstrichen. ESSEN. Bei Grabungen außerhalb des Ost chores bzw. der Krypta des Münsters stieß man auf eine unbekannte Gruft, der zweiten seit Jahresfrist, die einen Sarg enthielt. Als man diesen genau in der Längsachse des Baues liegenden Sarg öffnete, fand man unter dem Kopf der darin liegenden Toten eine Kalksteinplatte mit folgender lateini scher In.schrift, die wir übersetzen: ,,Theophano, Äbtissin, Tochter der Mathilde, der Tochter des Kaisers Otto II." Darnach muß nun geklärt wer den, warum mit dem Umbau des Münsters bzw. seines Chores im 14. Jahrhundert das Grab der Äbtissin Theophano nicht mehr in den Bau ein bezogen wurde. Vielleicht lag damals schon eine Verwechslung mit der Gruft der vornehmen Toten vor, die man voriges Jahr im Ostchor fand und auf Grund des Äbtissinnenkatalogcs der Theophano zuschrieb. ERLANG E N. Im April dieses Jahres hat das Deutsche Institut für merowingische und karolin gische Kunstforschung zu einer Sammlung von Photos über Flechtwerksteine der merowingischen und karolingischen Epoche aufgerufen, die in ganz Mitteleuropa durchgeführt werden soll. Zahlreiche Museen und Kunstinstitute Westdeutschlands, der Ostzone, Österreichs, der Schweiz und Italiens haben bereits ihre Unterstützung zugesagt. Neuer dings werden auch alle einzelnen Kunstfreunde, vor allem die aus den Ostgebieten, aufgerufen, sich an dieser Sammlung zu beteiligen. Die Sammlung soll die Grundlage für ein Corpus sein, das in etwa zwei Jahren publiziert werden soll. 77
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