Christliche Kunstblätter, 92. Jg., 1954, Heft 2

Die Himberger Pfarrkirche Von Dr. Franziska S c h rn i d, Wien (Fortsetzung.) Gotik I Um 1328 (38) wird ein Pfarrer Jacob erwähnt"®). Dies läßt darauf schließen, daß um diese Zeit oder etwas früher die Burg kirche zu einer Pfarrkirche erhoben wurde. Gleichzeitig aber machte sich Zweierlei be merkbar: das gotische Bauideal hatte sich, von den Bettelorden in Österreich aus den burgundischen Landen her eingeführt, ge genüber der nun veraltet erscheinenden romanischen Bauweise durchgesetzt; zu gleich aber dürfte die alte Kirche den nun erweiterten Ansprüchen nicht mehr gerecht worden sein. Tatsache ist, daß am Anfang des 14. Jahrhunderts die Himberger Pfarr kirche umgebaut wurde. Ein gotischer Chor wurde eingezogen, die romanische Apsis zerstört: ein einjochiger Chor von 9.25 Me ter Länge und 6.30 Meter Breite mit V« Schluß. Das Niveau wurde in der ganzen Kirche, auch in der Kapelle auf 58 Zenti meter gehoben. Der Eingang befand sich noch immer auf der Westseite der Kirche, er war einfach und architektonisch nicht oder nur wenig betont"''). Die Kapelle war weiterhin nur vom Hauptschiff aus zu er reichen. Der Außenbau ist einfach. Die Strebe- ]>feiler des Chores sind zweimal gestuft und klobig, an der Nordseite wird zur Stützung des Gewölbes ein mächtiger Stützpfeiler angebaut. Die Chorfenster waren gekuppelte Fenster mit einer Rosette in einem Spitz bogen. Ihre Profilierung besteht von außen in einer zweimaligen geeckten Stufung. Das erste Südfenster des Kapellenlanghauses wurde gotisiert und mit einem Spitzbogen versehen, wobei der romanische Fries teil weise zerstört wurde"®). Im Inneren ist vom gotischen Bau des 14. Jahrhunderts nur mehr der Chor er halten. Der Chor besteht aus einem sechsteiligen Gewölbe mit birnstabprofilierten Kreuzrippen aus rotem Naturstein und Schlußstein mit Blattwerk besetzt. Der Schlußstein des Chorschlusses ist nicht mehr erhalten. Die Kreuzrippen sind nicht bis zum Boden weitergeleitet, sondern enden in halber Fensterhöhe in pyramidenförmigen Konsolen mit dicker Deckplatte, ebenso der Triumphbogen. Deutliche Spuren von wei tergeleiteten Diensten sind zu bemerken, die Dienste selbst aber nicht mehr erhalten. Die Fensterprofilierung besteht aus Ecke, Hohl kehle und Wulst. Bei der Restaurierung wurden im Chorschluß gotische Sessionen aufgedeckt. Sie mußten aber, da es der Pfarre für eine sachgemäße Ausarbeitung an Geld fehlt, leider wieder vermauert ' werden. Diese Sitznischen liefen, gekoppelt und auch in einfachen Spitzbögen, den ganzen Chor entlang. Auch hinter dem Altar konn ten sie aufgedeckt werden. Es ist dies wohl ein einmaliges Phänomen der Architektur .in unserem Gebiet, wenn man bedenkt, daß die Himberger Kirche nie Klosterkirche war®"). Die in der Romanik zurücksprin gende Mauer des Langhauses wurde im 14. Jh. ausgemauert, so. daß die Mauer nun gleich stark ist. An der südlichen ehemali gen Außenmauer, dort, wo heute die im 15. Jh. angemauerte verlängerte Kapelle sich befindet®'^), wurde innerhalb des Dach raumes ein gotischer Vierpaß freigelegt®®), wohl eine der architektonischen Spielereien der Gotik. Zugleich aber beweist dieser Vierpaß an der Südwand: i. daß die Kapel lenvergrößerung in eine spätere Zeit, näm lich in das 15. Jh., fällt; 2. daß die Einwölbung der Kirche im 14. Jh. höher war als sie heute ist. Die gotische Einwölbung der Kirche — außer der des Chores und der weiter unten zu besprechenden vergrößer ten Kapelle — ist heute nicht mehr erhalten. 33) Vgl. weiter oben im historischen Abschnitt. '') Man hat bei der jetzigen Renovierung keine Hinweise gefunden, die diese Annahme als unrich tig erweisen. ^9 Bei der Renovierung wieder hergestellt. "") Trotz meinem Bemühen konnte ich keine ur kundlichen Belege auffinden, die von einer Um wandlung dieser Kirche in eine Klosterkirche spre chen, oder auch nur von der Absicht eines Ordens, sich in Himberg anzusetzen. '') Vgl. weiter unten. •■«') Vgl. Abb. 12. 65

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