Christliche Kunstblätter, 92. Jg., 1954, Heft 2

lange Zeit als das östlichste Beispiel dieser Bauform angesehen wurde, bis St, Panta leon und Oberranna den Vorrang hinsicht lich der Ostverbreitung beanspruchten^-). Die älteste Krypta der deutschen Ost alpen ist jene in Goß; unsicher genau zu datieren, gehört sie auf jeden Fall in das erste Viertel des elften Jahrhunderts'^). Wenn nun die Krypta (und das ganze West werk) von St. Pantaleon zu Beginn des zwölften Jahrhunderts errichtet wurde, so ist nahezu ein ganzes Jahrhundert ohne ein ähnliches Baudenkmal, da die abgeschlos sene Krypta zu St. Paul im Lavanttal un zugänglich ist und jene in St. Florian bis her noch nicht genau genug untersucht wurde. In der Außendekoration seiner Westapsis ist St. Pantaleon jedenfalls nicht nur ein einmaliges, sondern aiich jenes Denkmal, das in ganz Österreich noch am deutlichsten auf den Holzbau weist, ohne hiebei seine stilistische Verbindung zur Lombardei aufzugeben. Von dort kann sich der hl. Altmann seinen Architekten ver schrieben haben, ein Vorgang, der damals nicht im geringsten ungewöhnlich war; die aber in Oberitalien wieder seltene Doppelchörigkeit"), also ein u n lombardisches Ar chitekturmotiv, ließe sich gerade bei pro pagandistischen Absichten aus dem Wunsch nach einer liturgisch reicheren Grundriß lösung erklären. Welche Vorbilder hiebei maßgebend waren, ist unbekannt, die Vita Altmanni gibt über solche Fragen begreif licherweise keine Auskunft. Doch ist zu vermuten, daß für St. Pantaleon der alte .Salzburger Dom richtunggebend war und ^-) Die lange gering geschätzte oder überhaupt übersehene Arbeit der (langobardischen) Magistri conimacini in Deutschland wurde erst nach 1920 aufgeklärt und hat der Stilgeschichte der Romanik vielfach neue Richtlinien gegeben. Siehe E. Schaffran in „Christliche Kunstblät ter", Linz, 1941, 2. Heft. ") Die bedeutendste doppelchörige romanische (vorromanische) Kirche in Oberitalien ist S. Gior gio di Valpolicella bei Verona (siehe E. Schaffran „Die Kunst der Langobarden in Italien, a. a. O., S. 50 u. f.). Über ihn hinaus dessen Vorbilder, die ent weder in Hildesheim oder am Rhein zu suchen wären. Das Westwerk in St. Pantaleon ist ein wandfrei nachweisbar, besteht es ja heute noch in seiner Gänze. Die Oberkirche müßte dann folgerichtig 'Westempore mit ange setzter Apsis genannt werden. Da an der Ostwand des westlichen Triumphbogens Spuren von Arkadenansätzen des romani schen Langhauses zu sehen sind, muß die ses dreischiffig gewesen sein. Rekonstruiert man nun nach der üblichen Proportionali tät romanischer Basiliken die Ausmaße der alten, in Langhaus und Chor nicht mehr er haltenen Kirche, so kommt man mit den heutigen Dimensionen gut aus; der östliche, bereits spitzbogige, doch im Kern noch spätestromanische Triumphbogen weist auf bauliche Veränderungen noch vor 1300. Was aber heute nicht einmal mehr hypothe tisch gesagt werden kann ist: War Sankt Pantaleon eine Anlage mit einem oder zwei Ouerschiffen und besaß die Kirche auch eine Ostkiypta? Wie üblich muß die Kirche, auch wegen der baulichen Ausgewogenheit, auf jeden Fall eine Ostapsis, wahrschein lich auch mit einer Ostempore gehabt ha ben. Davon ist nichts mehr festzustellen. Ob Grabungen in der Ostpartie hierin klä ren würden, ist wohl zu hoffen, aber nicht sicher. Zu untersuchen wäre in erster Linie der Boden der Westkrypta. Als im 15. Jahrhundert in zwei Phasen der Umbau des Langhauses und der Ost partie erfolgte, blieb das Westwerk beste hen, man hatte dafür weder ein bauliches, noch ein liturgisches Interesse mehr. Außer dem stand es in Verbindung mit dem mäch tigen Westturm (Turm über einer WestVierung?), und ein Abtragen des Westwer kes hätte den Turm in seiner Konstruktions festigkeit berührt. Für den weiteren Gottes dienst wurde das Westwerk nicht mehr be nützt, denn man baute noch um 1500 den Musikchor vor und das ober der Erde ge legene Westwerk wurde zu einer keines wegs leicht zugänglichen Rumpelkammer. 64

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