Bauform des Westwerkes noch aus der Be deutung der Burg erklärt werden könnte, ist es für St. Pantaleon schwer, für das hier besonders markant ausgebildete Westwerk eine Begründung zu finden, handelt es sich doch, wenn man Oberkirche und Krypta auf ungefähr 1120 datiert, um einen Kir chenbau in einer kaum besonders frequen tierten Gegend, es sei denn, es gelänge schon für die Gründungszeit von Stift Erla (um 1050) und im Zusammenhang mit Zwislichenkirchen (St. Pantaleon) eine Be deutung zu finden, die ihre literarische Fundierung in der um iioo entstandenen Textstelle in der Vita Altmanni finden könnte „Ante eins adventum omnes paene ecclesiae in illo episcopatu erant ligneae . . . Nunc autem ex eins industria omnes paene ecclesiae in episcopatu sunt lapideae ... et (|Uod maximum est, castis et eruditis vire bene munitae." Man darf dieses Loblied auf des hl. Altmanns Bautätigkeit keines wegs wortwörtlich nehmen und glauben, vor seinem Auftreten wären alle Kirchen in seinem Sprengel simple Holzbauten gewe.sen; der Passauer Kirchenfürst hat je doch sicher bestehende Holzbauten verän dert und neue Kirchen nur mehr in Stein errichten lassen. Daß Altmann hiebei pro pagandistische Absichten verfolgte, ist be greiflich, dies auch in dem Raum der Ennsmündung, wo der Passauer Grundbesitz rasch anwuchs. Es könnte also immerhin die für hier ungewöhnliche Anlage eines, wenn auch nur kleinen Westwerkes als pro pagandistischer Bau gedeutet werden. In diesem als sehr fortschrittlich gedachten Westwerk wurden aber außen auch sehr al tertümliche Erinnerungen an den Holzbau der damals soeben vergangenen Zeit verar beitet, wodurch die Hypothese einer Alt mannischen Propagandakirche in ein ande res Licht gerückt wird. Das Plalbrund der beiden genau überein ander gelegenen Apsiden der Oberkirche (Westwerk) und der Krypta ist außen durch vier senkrechte, unprofilierte Lisenen aus Bruchsteinen gegliedert, sie sind in ihrem obersten Fünftel durch einen schmä leren Ouergurt verbunden, die daraus ent standenen Rechtecke sind durch kurze senk rechte Streifen in Lisenenbreite unterteilt, wodurch sich sechs eingetiefte, hochrecht eckige Kassetten ergeben. In diesen Gliede rungsmotiven will man Erinnerungen an den Ständerbau der Holzarchitektur er kennen und verweist dazu sowohl auf ge wisse englische Bauten aus der Zeit vor dem Jahre 1000 (zum Beispiel Kirchturm zu Earls Barton, Kirche in Bradford on Avon), wie auf die Apsisgliederungen der Stiftskirchen in Amsoldingen und Spiez") in der deutschen Schweiz. Es ist hier leider nicht der Platz, um diesen schwierigen Her kunftsfragen näher nachgehen zu können, soviel scheint jedoch sicher zu sein, daß der Außendekor des Westbaues von St. Panta leon auf alte lombardische Motive zurück geht, die, um 1120 für Westdeutschland be reits antiquiert, hier noch Reminiszenzen an den Ständerbau in Holz bewahrten. Wie sehr lombardisch das Außere des Westwer kes von St. Pantaleon im Grunde ist, ergibt sich sofort, wenn man die rechteckigen Kassetten bei Weglassung des Querstrei fens in den üldichen Rundbogenfries ver ändert, der auch in der Lombardei zwar nicht aus einer rechteckigen Kassettenform herausgewachsen ist, wohl aber sie öfters ablöste. Auf zahlreiche Vergleich,sbeispiele in der Lombardei sei hier nur kurz ver wiesen^®) . Obwohl die postlangobardische Kunst, besonders ihre Ornamentik, von Oberitalien ausgehend, den Hauptkamm der Ostalpen kaum überschreitet") (Flechtbandplatten wie in Linz, St. Martin sind importierte Stücke), kann in der oftmaligen Verwen dung des Flechtbandes — auch in Rosetten form — immerhin ein letztes und räumlich sehr entferntes Nachklingen an langobardische Ornamentik angenommen werden, denn wo wir in der deutschen Baukunst der Romanik nördlich der Alpen das Flecht band finden, ist — wie Rinder wiederholt hervorhob — stets irgend ein langobardischer Einfluß vorhanden gewesen, meist in der Mitarbeit der Magistri commacini; das war so am Rhein und auch beim alten Salz burger Dom, dessen mächtiges Westwerk ") Abbildung bei H. Jenny, Kunstführer der Schweiz (ig.w), Tfl. 4. Über Spiez ebenda, S. 364. Die Mauritiuskirche in Amsoldingen wurde um 1000 erbaut, die „Alte Kirche" in Spiez um 1030. ^") Genannt seien: Agliate bei Mailand, S. Pietro in Vallate (Veltlin), dann S. Lorenzo in Pegognaga (Mantua, vor 1000!) u. a. rn. Darüber bei R. Schaffran „Die Kunst der Langobarden in Italien" (Jena, 1941) mit weiterer Literatur über das Nachwirken der langobardischen Kunst. Sielie auch der gleiche Autor in „Christliche Kunstblätter", Linz . . . Die Flecht bandplatte in St. Martin in Linz. 63
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