Obergeschoß kräftige Pilaster aufweist, zwischen denen reich gerahmte Nischen mit Figuren Platz finden, beschränkt sich Soria ausschließlich auf die Verwendung flacher Pilaster, zwischen denen verhältnismäßig viel von der ungegliederten Wand sichtbar bleibt. Die Fassade ist strenger geworden und dies verbindet sie nicht nur mit ande ren Fassaden Sorias, wie mit Sta. Caterina da Siena von 1628/30 (mit einbezogener, offener Vorhalle)'), sondern auch mit den Werken anderer Meister aus dem gleichen Jahrzehnt, wie mit der hochaufragenden, ganz flach gehaltenen Fassade von SS. Do menico e Sisto (1623 f.) (Abb. 18)®) oder rnit Sta. Francesca Romana von 1615. Bei dieser tritt die in Rom an Kirchenfassaden verhältnismäßig selten verwendete Riesen ordnung in der Mittelachse hervor, die auf Einwirkungen aus dem Bereich der ober italienischen Architektur hinweist, ein Kon takt, der durch ihren Erbauer Carlo Lombardo hergestellt worden war"). Es mag nicht zu verwundern, daß palladianische Formen gerade in dem Augenblick in Rom Eingang gefunden haben, als man sich hier auch sonst einer etwas kühleren, weniger plastischen Strukturierung der Fassaden befleißigte. Dieser Stilrichtung schloß sich dann auch der junge Bernini an mit der Fassade von Sta. Bibiana (1627)^"). Sie be zieht wieder die alte, offene Vorhalle ein, wurde mit ganz flach gehaltenen Pilastern instrumentiert und besitzt zart profilierte Gesimse. Das sich dabei ergebende orthogo nale. Linienspiel erinnert an I^ösungen des 16. Jahrhunderts und dem Nachleben manieristischer Formen ist auch die Durch bildung der Mittelachse des Obergeschosses verpflichtet. Dort wurde in ganz untekto- ') Die in die Fassade einbezogene Vorhalle war in diesen Jahrzehnten sehr beliebt. Das Motiv ist abhängig von der alten römischen Fassade mit Portikus, die damals häufig barockisiert wurde (S. Sehastiano 1612, Sta. Francesca Romana 1615, S. Bartolommeo dell'Isola 1624, Sta. Bibiana 1627). Damit hat sich auch schon das 16. Jahrhundert be- ■schäftigt (D. Fontanas Querhausfassade von S. Giovanni in Laterano, Sta. Maria in Domenico) und diese damals gefundenen Lösungen haben auf alle späteren Ausgestaltungen von Vorhallenfassaden eine gewisse Ingherenz ausgeübt. D Weingartner, S. 65. Fassade ist von Vincenzo della Greca. ") Weingartner, S. 69, Abb. 23. ") R. Pane, Bernini architetto, Venedig i953> S. 13. nischer Weise über dem Gesims ein Stück aus der Mauer so herausgenommen, daß eine rechteckige Nische für das Mittelfen ster entstand^^). Die manieristischen Formelemente, wel che der strenge Barock in dieser Zeitspanne aufnahm, übten auf ihn eine ernüchternde und abkühlende Wirkung aus; sie unter strichen das „Strenge" dieser Phase und verliehen ihr eine klassizistische Note. In den folgenden Jahrzehnten der Drei ßiger- und Vierzigerjahre setzt sich als Reaktion darauf neuerlich eine barock be lebte Strömung durch, die nun nicht allein auf die reichen plastischen Formen des strengen Barocks um 1600 zurückgreift, son dern diese darüber hinaus noch durch die neuartige Schwingung der Wand zu be reichern weiß. Musterbei.spiel ist die üppige, gedrängt dekorierte und von inneren Kräf ten bewegte Front von S. Martina e Luca, die der Maler Pietro de Cortona schuf (1634 beg.)^-) (Abb. 19). Geballte Energie scheint in diesem Bau zu wohnen, die nur mit Mühe gebändigt zu werden vermag. Dazu kommt noch ein stark malerisches Moment, das sich alle aus der Fassaden schwingung ergebenden Licht- und Schat teneffekte dienstbar zu machen wußte. Von einem solchen Standpunkt aus wird nun auch das im Manierismus geprägte Fa.ssadenschema der Kirche II Gesü in die Sprache des Hochbarocks umgesetzt, etwa an der Front von S. Ignazio, deren Entwurf zwischen 1643—1645 anzusetzen isH"). Stei gerung in der Plastizität der Strukturglie der, also Auswechslung der Pilaster durch Säulen, ferner Kontraktion von zwei Pi lastern zu eng gestellten Pilasterpaaren, Er höhung des dekorativen Reichtums unter scheiden diese Schauwand von ihrem typen mäßigen Vorbild"). (Fortsetzung folgt.) ^') Dieses untektonische Motiv besitzt eine innere . Verwandtschaft mit den herabrutschenden Schluß steinen von Giulio Romanos Palazzo del Te bei Mantua. '9 Vittorio Moschini, L'architettura di Pietro da Cortona, l'Arte, 1921, S. 189; Fokker, S. 166; Weingartner, S. 82. ^®) Dagobert Frey, Beiträge zur Geschichte der römischen Barockarchitektur, Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte 1924, III., S. 25. Durch die gleichen. Merkmale unterscheidet sie sich auch von der Fassade von Sta. Annunziata in Genua, die Frey (siehe Fußnote 12) als Vorbild heranzieht. 51
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