sehen 1600—1770 in folgende große Kreise zu unterteilen. Auszugehen ist von der Stil phase des „strengen Barocks", der sich seit zirka 1580 gegen den Manierismus abge setzt hat und bis zirka 1630 währt. Die um diesen Zeitpunkt einsetzende Steigerung aller barocken Formqualitäten berechtigt zur Herausstellung der Stilphase des „Hochbarocks", der gegen 1670 zu Ende zu gehen scheint, jedoch in den Achtzigerjah ren noch ein kurzes, aber intensives Nach spiel erlebt. Die nun folgende Zäsur trennt die genannten Barockphasen des 17. Jahr hunderts vom Spätbarock des 18. Jahrhun derts, der nach 1700 einsetzt und gegen T750 ausklingt und von einer, bereits als klassizistisch anzusprechenden Epoche ge folgt wird. Um die römische Architektur des 18. Jahrhunderts in der angedeuteten Weise untersuchen zu können, hat es sich als not wendig erwiesen, auch die vorangegangene Baukunst in den Kreis der Betrachtung einzubeziehen. Es ist notwendig, die Ent wicklungsbahnen zu kennen, in denen sich die römische Architektur des 17. Jahrhun derts bewegte, also den Ablauf der Stil phasen, welche für die Beurteilung der Ar chitektur des 18. Jahrhunderts die Grund lage bilden. Das 17. Jahrhundert Die Kirchenfassade hat in Rom seit dem 15. Jahrhundert eine Entwicklung durch gemacht, deren Gesetzmäßigkeit in der Literatur schon mehrfach gewürdigt wurde. Es muß genügen, hier auf jene Werke zu verweisen, welche die Linie, welche zur Fassade von B Gesü hinführt, untersuchen und auch den Stilwandel vom Manierismus zum strengen Barock klarlegen-'). Dieser Stil hat an der Kirchenfassade um zirka 1600 mit kräftiger, durchaus plastischer In strumentierung und sehr reicher, schwerformiger Dekoration den Sieg über die flächigen spannungsreichen Wandgliede rungen und das fast zeichnungshafte Li nienspiel der manieristischen Architektur davongetragen. Mit der Fassade von Sta. Susanna von Carlo Maderna (1603)^) (Abb. 16) trat die römische Kirchenfassade in ein neues Stadium. Klarer als die viel umstrittene Fassade von S. Peter kann diese kleinere, einheitlichere und im sich ge schlossene Front die neuen Formprinzipien verdeutlichen, denen es darauf ankam, in reicher, ja üppiger Fülle die kräftigen For men von Gliederung und Dekoration so mit der Schauwand zu verbinden, als seien sie 50 der Wand nicht aufgelegt, sondern aus ihr von Innen heraus entwickelt. Nicht überall ist dieses Stilideal so rein verwirklicht worden, nicht an jeder Fassade dieser Epoche hat die plastische Belebung den ganzen Fassadenspiegel so zu durch setzen vermocht. Relikte aus älteren Peri oden scheinen etwa am Obergeschoß der Fassade von S. Maria in Vallicalla (1605)°) nachzuwirken, deren zarte, etwas auseinan dergerückte Pilaster so viel von der glat ten Wandfläche freigeben. Solche, im Manierismus wurzelnde Ge staltungsweisen treten dann im zweiten und dritten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts in weit größerem Umfange hervor, wo si'e — innerhalb des strengen Barocks — eine Phase der Reaktion auf dessen plastische Durchpulsung der Wand bilden. Recht inSiehe hiezu Wölfflin, a. a. O., G. Giovannoni, Chiese della seconda metä det Cinquecento in Roma, L'Arte 1912, S. 401, u. 1913, S. 19, 81. Neuerlich abgedruckt in Saggi sulla Architettura del Rinascimento, Milano 1935, S. 177 ff. Hans Hoffmann, Hochrenaissance, Manierismus, Früh barock, Die italienische Kunst des 16. Jahrhun derts, Leipzig 1938. T. H. Fokker, The First Baroque Church in Rome, The Art Bulletin XV, 1933, S. 230 f. ') Nina Caflisch, Carlo Maderno, München 1934, S. 10 ff. struktiv ist dazu ein Vergleich der beiden, in unmittelbarer Nachbarschaft stehenden Fassaden von Sta. Susanna (1603) (Abb. 16) mit Sta. Maria d. Vittoria (1626)®) (Abb. 17) deren Schöpfer Giov. Batt. Soria sich im Aufbau des Fassadenspiegels dem der älte ren Kirche anpassen mußte. Die Unter schiede betreffen einerseits die Proportio nen, die nun gestreckter und zarter gewor den sind, anderseits liegen sie in der Art von Gliederung und Ornamentik. Während Sta. Susanna im Untergeschoß mit Drei viertelsäulen instrumentiert wurde und im '") Die Autorschaft dieser Fassade ist nicht rest los geklärt. Sie wird für Martino Longhi d. Ä. und Fausto Rughesi in Anspruch genommen. — Fokker, S. 56, Abb. 60. °) Thieme-Becker, Bd. 31, S. 294.
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