Christliche Kunstblätter, 92. Jg., 1954, Heft 1

in den Kiilträunien grundsatzlich zu ver zichten, wie es die Barockzeit getan hat. Die letzten Figufalfenster die entstanden, waren hingst blasse und stumpfe Glasflächen ge worden, durch reichliche Schummertöne blind gemacht. Nun paßte wirklich der sonst unzutreffende und irreführende Name „Glasmalerei", wo es sich doch in der Blüte zeit farbiger Fensterabschlüsse um eine echte Mosaikkunst mit transparentem Ma terial gehandelt hat, auf dem nur mit dem sogenannten Schwarzlot, einer undurch sichtigen Konturfarbe, sparsame Innen zeichnung aufgetragen wurde. Die Begeisterung für die mittelalterliche Kultur, die mit der Romantik einsetzte, suchte auch die Technik der figuralen und ornamentalen Glasfenster für den Sakral bau wieder lebendig zu machen. Es war eine echte Renaissance mittelalterlicher Kunst, die nun anhob. Ein Goethe spricht Worte höchsten Lobes über die Randzeichnungen im Gebetbuche des Kaisers Maximilian, und gerade über die weniger klassischen Züge, noch im i8. Jahrhundert, zwischen 1777 und 1793 hatte sein Jugendfreund Lerse an Grünewalds Isenheimer Altar Interesse ge funden, Fürst Pückler-Muskau, Freiheits kämpfer, Schöpfer eines neuen Gartenstiles und Weltreisender, entdeckt 1835 Grüne walds Erasmus und Mauritius. Napoleon hat Altorfers Alexanderschlacht nach Paris entführt, wo es Friedrich Schlegel 1803 im Restaurierungssaal des Louvre begeistert sieht. Es kommt die Zeit, da man in Wels aus echter Liebe zu dieser alten Kunst die Glasfenster der Stadtpfarrkirche allzu gründlich reinigt und erneuert. Um die Mitte des vergangenen Jahrhunderts war das gewesen. Dieser Wille einer künstlerischen Wie dergeburt aus mittelalterlicher Wurzel, an alten Vorbildern, wo sie sich geboten haben, eifrig geschult, wurde aber höchst nach teilig durch die naturalistische Tendenz der Epoche durchsetzt. Das kaum zum Leben wiedererwachte Verständnis für den Sym bolgehalt der alten Glasfenster und ihren künstlerischen Stil wurde durch diesen Zug der Zeit gehemmt, der Weg zu einer Ent faltung dieses Kunstzweiges versperrt. Erst der Expressionismus mit seinem tie feren Erfassen früher, ausdrucksstarker Kunst half allmählich den sinnwidrigen Naturalismus der Glasmalerei des 19. und 20. Jahrhunderts überwinden, in der nun .sogar wie auf den gleichzeitigen Porzellan pfeifenköpfen das Photobildnis eingedrun gen war. Man wurde sich des Widersinnes trans parenter, naturgetreuer Bilder bewußt, bei denen das künstlerisch schönste Mittel, die elementare Leuchtkraft, der farbigen Glas tafeln unerwünscht sein mußte. Man fand nun perspektivische Tiefe der Bilder und jeden Versuch illusionistischer Malerei bei Glasfenstern für völlig unangebracht, wo doch die technisch notwendige Bleirute je der derartigen Versuche spottet, und wirk lich im Detail mühsam errungene Natur nähe brutal durchschneidet. Aber wie vieles leichter zu begründen ist als wieder abzuschaffen und die Verharrungstendenz oft an völlig sinnentleerten Formeln festhalten läßt, so blieb auch der Weg zu einer echten Wiedergeburt der alten Glasfenstertechnik beschwerlich ge nug. Unkritisch wurden vielfach hartnäckig bei der nun einmal gebildeten falschen An sicht über dieses Gebiet verharrt und die Fehlentwicklung nicht als solche empfun den. Die Besinnung eines Glasmalers auf die Blütezeit der mittelalterlichen Kunst, sosehr man diese auch anerkennen wollte, als Lehrmeisterin, wirkte geradezu als revo lutionär. Die Berufung nämlich auf das unnatura listische Prinzip früh- und hochmittelalter licher Bildkunst, die heraldische Farbe, die ornamentale Flächenhaftigkeit der Kompo sition, alle diese vom späteren Realismus verachteten Züge, glänzende künstlerische Mittel für die streng dem architektonischen Rahmen eingefügten Fensterbilder. Die platte Abbildungstendenz im natura listischen Sinne in der Kunst war aber nun doch seit dem Expressionismus endgültig erschüttert, die Wünsche nach einer un künstlerischen, völlig naturgetreuen Bild wiedergabe effüllte nun auch auf seine Art vorzüglich das Lichtbild. Nun konnte sich auch eine echte Erneuerung des künstleri schen Glasfensters wirklich durchsetzen. Auch machte sich zusehends eine ausge sprochene Vorliebe für das Ursprungsnahe, Elementare, Primitive aber Ausdrucks starke früher Formen allgemein geltend und eine zunehmende positive Wertung des Bildschaffens der Volkskunst, der Natur völker, der Sonntagsmaler und Kinder wurde .sichtbar.

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