Christliche Kunstblätter, 92. Jg., 1954, Heft 1

ZUSCHRIFTEN AN DIE REDAKTION Handwerk und wir In unscrm Handwerk schlummern ungeahnte kul turelle Werte, die heute brach liegen. Diese Schätze wiederum zu heben und nutzbar zu machen, wäre nicht nur kulturell gesehen von Belang, sondern auch wirt.schaftlich von Vorteil. Wir können an diese Frage, wie diese Werte ge hoben werden sollen, nicht herangehen, ohne einen kurzen Überblick über die Geschichte des Hand werks zu bringen. Beginnen wir, um einen Ausgangspunkt zu haben, mit der Zeit, aus der noch hehre Zeugen stammen und die gewissermaßen auch als Gegenpol zu unse rer Zeit gelten können. Dies ist die Zeit der Gotik. Ans ihr stammen zum Großteil die deutschen Dome. Damals war die Blütezeit des deutschen Hand werks. Es war die Zeit der Zünfte. Nicht bloß für' die lebende Generation arbeitete und baute man, sondern für Jahrtausende. Noch heute ragen diese Dome als stolze Zeugen einer großen Zeit zum Himmel. Obwohl die technisch Geschulten auf Mängel bzw. eine gewisse Rückständigkeit hin weisen können, steht eines fest; Damals war noch kein Riß durch die Reihen der Schaffenden ge gängelt ; Handwerkel und Künstler waren noch eng verbunden. Ein letztes Aufflackern dieser beglükkenden Einheit von Kunst und Handwerk erlebte der Anfang des 19. Jahrhunderts im Biedermeier. Dann folgte ein laufender Niedergang, der erst in den letzten Jahrzehnten wiederum durch die umsichtige Arbeit des Werkbundes gehemmt wurde. Von England aus bzw. seit Ruskin und Morris ver stummte niemals der Ruf nach dem Handwerk. (Dazu Abbildung 12) Es ist erfreulich, daß Vereinigungen, wie der Kunstverein Steyr, ihre Tätigkeit in den Dien.st des Handwerks stellen wollen. Dieser Verein sucht die Verbindung von beiden Richtungen dadurch zu erneuern und zu beleben, daß er dem Handwerk gute und beste Entwürfe zur Verfügung stellt, die es dem einfachsten Flandwerker ermöglichen, ein wandfreie und stilreine Arbeit zu leisten. Es ist uns ein Bedürfnis, heute auf zwei Arbeiten, die so entstanden sind, besonders hinzuweisen; Auf den schon in edelster Technik ausgeführten Kelch, der sich hinsichtlich der Qualität der Arbeit ohne wei teres mit den Arbeiten der Augsburger Gold schmiedekunst aus der Renaissance messen kann. Der Ausführende war und ist Künstler und Hand werker in einer Person. Dieser Kelch hat eine Überfangkuppe, deren Ausnehmungen umrandet und mit einem Drahtnetz ausgefüllt sind. Der Knauf be steht aus zwölf Teilen und der Fuß ist mit einem steinbesetzten Kreuz und mit vier großen Edel steinen geschmückt. Beachtung verdienen auch die hohen Fassungen der Edelsteine. Der Kelch ist ge trieben und nicht nach einer starren Form gepreßt. Er stellt edelste Handarbeit dar, die sich mit den Meisterleistungen aus der Glanzzeit der Gold schmiedekunst vergleichen läßt. Ferner verdient auch in diesem Zusammenhang das schmiedeeiserne Tor im Arkadenhof des oö. Landhauses erwähnt zu werden, das von einem Steyrer Handwerker nach beigestellten Entwürfen ausgeführt wurde. LG. BUCHBESPRECHUNGEN Karl Heinz BECKER: Das Sola-Grab in Solnhofen. (Nachrichten des Deutschen Institutes für merowingische und karolingische Kunstfor schung, Erlangen, 1953, 14 S., 4 Abb.) Im Rahmen der hohen wissenschaftlichen, rang einnehmenden kleinen Publikationen des genannten Institutes, berichtet K. H. Becker über das bei Solnhofen im Altmühltal innerhalb der Reste der um 1070 erbauten Solabasilika befindliche Grab des 'Fuldaer Missionärs Sola, der nach der Vita Solae (geschrieben um 834 von Mönch Ermanrich) um 735 gestorben sein dürfte. Die später zum Dachsarkophag vergrößerte alte Tumba wird von K. H. Becker eingehend untersucht und als die 834 errichtete alte Grabstätte Solas angesehen, also als ein karolingisches Denkmal. Zu klären wäre noch das Verhältnis der doppelchörigen ro manischen Basilika von 1070 zum ersten Bau, und ob die vierhogige Pfeiler- und Säulenarkade nicht eher als ein Re.st der alten Galilaea, statt als Über bleibsel des nördlichen Seitenschiffes anzusehen wäre, in ■welchem Fall dann die Basilika nicht orientiert gewesen sein muß. Leider ist ein kotier ter Lageplan der Solahasilika nicht beigegeben. Die kleine Arbeit ist vorzüglich in Methode und Exaktheit. E. Schaffran. Friedrich MORTON: Halistatt und die Hall stattzeit. (Verlag Musealverein Hallstatt, 1953, 122 S., 74 Abb.) Mit vorbildlicher Liebe zu seiner Wahlheimat Hallstatt und mit gestaltungsfreudiger wissen schaftlicher Akribie, die dem Verfasser schon längst internationale Anerkennung verschaffte, führt Morton in einer der interessierten Allgemein heit zugänglichen Weise in die vielfältigen Pro bleme der Hallstattkul'tur ein. Die beiden schönen Vorsprüche von Unterrichtsminister Dr. Kolb und Univ.-Prof. Dr. Pittioni sind daher voll am Platze. Morton ist wohl der derzeit beste Kenner der vorgeschichtlichen Hallstätterfunde. Mit den dor tigen Grabungen persönlich auf das engste ver bunden, sind ihm deren Ergebnisse nicht nur wissenschaftliche Materialien, sondern auch Bau steine, um ein totales Bild der Hallstattepoche zu gestalten. Er konzentriert sich auch fast ausschließ lich auf diesen Ort, und das Kapitel IV „Hallstattzcit außerhalb Hallstatt" gerät etwas knapp, was leicht zu vermeiden gewesen wäre, hätte man das zum eigentlichen Thema nicht dazugehörige Ka pitel VII „Die weiteren Schicksale Hallstatts bis zur Gegenwart" mit den dazugehörigen Bildern der Tafeln 34—48 zugunsten eines erweiterten 38

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