Christliche Kunstblätter, 92. Jg., 1954, Heft 1

Mittelschiffes und das Presbyterium karolüigischen Ursprungs. Die schon früher beobachtete merk würdige Ubereinstimmung der Maße des ältesten Frauenwörther Münsters mit denen des ältesten Domes zu Regensburg (vgl. S. Röttger, Zur Bau analyse des Münsters Frauenchiemsee, Münchner Jahrbuch der Bildenden Kunst, 1931, S. 87) will Pückler dahingehend interpretiert wissen, daß der aus dem 10. Jahrhundert stammende Regensburger Dom nur „der nehmende Teil" gewesen sein könne. Einen eingehenden baugeschichtlichen Überblick über diese bedeutende Kirchenanlage, die wahr scheinlich mit der überlieferten „ecclesia petena" identifiziert werden darf, wird Graf Pückler dem nächst in den NACHRICHTEN des Deutschen In stitutes für merowingische und karolingische Kunstforschung in Erlangen publizieren. RÖDINGEN (Kreis Jülich). Auf dem der Forschung wohlbekannten fränkischen Gräberfeld auf dem Hundsbüchel ließen sich mehrere hoch interessante Grabkammern die dem 6. und 7. Jahr hundert angehören dürften, aufdecken. Eine der Grabkammern war besonders durch ihre doppelte Steinmauer aufgefallen. Die gutbefestigten Mau ern bestehen aus Bruch-, Kalk-, Schiefer- und Sandsteinen. Die Blendsteine sind regelmäßig und mit Sorgfalt gesetzt. In der oberen Mauerschicht lagen zwei Bruchstücke von römischen Säulen. Der Boden des Grabes ist mit Ausnahme einer Mittel fläche, vor allem am Kopf- und Fußende mit römischen Ziegeltrümmern und leuchtendroten Sandsteinplatten ausgelegt. Die ausgesparte Fläche, etwa ein Drittel der gesamten Bodenfläche, zeigt eine rundliche, dunkelgraue Verfärbung, deren Be deutung bisher nicht geklärt werden konnte. Da sich sehr ähnliche Grabanlagen auch an der Propsteikirche zu Jülich fanden, verdichtet sich die Vermutung, daß auch diese in die fränkische Zeit gehören. II. Mittelalterliche Epoche URPHAR BEI WERT HEIM AM MAIN. In der Bergkirche zu Urphar, in der seit zwei Jahren durch das Badische Kirchendenkmalamt eingehende Wiederherstellungsarbeiten durchgeführt werden, wurden jetzt unter einer acht- bis zehnfachen Tünche-Schicht gut erhaltene hochgotische Wandfresken freigelegt. Es handelt sich dabei um einen überlebensgroßen' Christus als Weltenrichter, auf dem Regenbogen thronend und mit dem zweischneidigen Schwert im Munde — dieses Fresko ist umgeben von den Symbolen der vier Evangelisten und steht in der Apsis — und um die lebensgroßen, gebärdenreichen Figuren der zwölf Apostel mit ihren Attributen im romanischen Chor. Diese Malereien, die durch Linienführung und Farbenkomposition von überraschender "W irkung sind, werden jetzt als „das Schönste" bezeich net, „was uns an fränkischer Kunst erhalten blieb". W Ü R Z B U R G. Die einst profanierte und heute der evangelischen Gemeinde dienende ehemalige Deutschherrnordenskirche konnte jetzt völlig wie derhergestellt werden. Sie ist für die durch die furchtbaren Luftangriffe des Zweiten Weltkrieges nahezu völlig zerstörte Stadt nicht nur eines der besterhaltendsten Denkmäler seiner mittelalter lichen Vergangenheit, sondern auch eine seiner be deutendsten Bauten, die vor allem zu jenen we nigen frühgotisclien Kirchen Süddeutschlands zählt, deren Baumeister direkt aus Frankreich angeregt wurde. Das Langschiff, 1280 begonnen, wurde 1287 im Ostteil und 1296 mit dem letzten Joch im We sten vollendet. Der noch spätromanische Turm enthielt die früheste Kultatdagc des Ordens, eine 1226 geweihte Kapelle. Als Baumeister dieser Kirche wird der in den Urkunden erwähnte „frater Bertholdus" vermutet (Pinder), dessen Hand sich auch an der Augustiner-Stiftskirche St. Peter zu Wimpfen i. Tal nachweisen läßt. Die eigentliche kunsthistorische Bedeutung der Kirche beruht auf jenen Plastiken, die sich unter den sieben Schluß steinen und den sechs Gurtenscheiteln, den Skulp turen an den Diensten und am Südportal befinden. WARTBURG/ Thüringen. Die Wiederher stellung der Wartburg, die eine der kostbarsten Perlen spätromanischer Profanarchitektur ist, konnte noch nicht abgeschlossen werden. Inzwi schen wurden nur die dringendsten Arbeiten durch geführt. Die größte Schwierigkeit bereitet die Er haltung des Festsaales, dessen neue Decke aus statischen Gründen als Eisenbetonkonstruktion ein gezogen werden mußte. Jede andere Konstruktion hätte die wertvollen, zum Teil schon verblaßten F resken von Moritz von Schwind schwer gefährdet. Sie bilden ohnehin ein ungelöstes Problem, da die durch Luftfeuchtigkeit und Sonnenstrahlen ge bleichten Stellen zum Teil kaum mehr etwas er kennen lassen. Die von der Baupolizei für die Sicherheit der Saalbenützer geforderten zusätz lichen Haupt- bzw. Entlastungstreppen — der Fest saal ist bisher nur durch eine einzige schmale Wendeltreppe zugänglich — sind vorerst nur auf der Planung durchgeführt. Neuerdings wurden nun die Risse im Gewölbe der nach 1318 entstandenen Kapelle ausgebessert. III. Moderne Kunst MÜNCHEN. Noch Ende des Jahres 1953 er folgte die Grundsteinlegung der neuen evang. Mat thäuskirche am Sendlingertorplatz. Der Neubau wird ähnlich wie die 1938 zerstörte ,,alte" Matthäus kirche aus dem Gedanken des Zentralraumes ent wickelt sein. Der Chor weist drei gerundete Apsi den auf. Der angebaute Gemeindesaal mit 550 Sitz plätzen kann gegen den Kirchenraum geöffnet werden und diesen mit den Sitzen der großen Empore auf rund 2000 Sitzplätze vergrößern. Der 60 Meter hohe Turm ist in seinem oberen Stock werke durchbrochen und zeigt einen offenen Glockenstuhl. Seine unteren Stockwerke enthalten Amtsräume wie Konfirmandenzimmer u. s. f. Die Bauleitung liegt in den Händen des bekannten Münchner Architekten Gsänger. Die alte Matthäus kirche war das bedeutendste Münchner Baudenkmal des nüchtern-strengen, reinen Spätklassizismus. P A S S AU. Im Passauer Dom konnte der von Professor Henselmann in sieben Jahren geschaffene Stephanus-Altar als Hochaltar zur Aufstellung kom men. Dabei handelt es sich um Figuren, die aus den ausgehöhlten Stämmen von Sumpfpappeln geschla gen und mit einer Silberfolie überzogen sind. Sie stellen dar: den knienden Heiligen selbst, dann seine beiden Peiniger, ferner den noch nicht zum Paulus gewordenen Saulus als nachdenklichen Beob achter, einen weiteren Pharisäer, schließlich die 34

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