von Abt Hugo Lang über das „Problem der Qualität in der Kunst" ging durch den Einsatz der ganzen Persönlichkeit des Redners ein lebendig bewegtes Fluidum in die Zuhörer über. Abt Lang begann mit einem Platowort über die Schönheit der Form, „die Linien und Kurven und die aus ihnen gemachten Formen" (also „Abstrakt") und schloß mit Thomas, der für das wahrhaft Schöne „Ganzheit, Ausgewogenheit der Verhältnisse und Klarheit" verlange; und daß sich also der Theo loge, der vom I<unstwerk meine, daß es nicht an Weltanschauung gerichtet sei. sondern an das Auge, sich da in ,,denkbar bester Gesellschaft" befinde. Im Innern des Vortrags dann so eindeu tig gegen die Verwerfung der modernen abstrak ten -Kunst gerichtete Sätze wie: daß die Quali tät eines Kunstwerks nichts zu tun habe mit dem, was es darstellt; nicbts mit der Weltanscbauung des Künstlers; daß das ,,Soli Deo" (zu Gott allein) an der Spitze etwas noch nicht zum Kunst werk mache; nur Qualität; daß das auch für die christliche Kunst gelte. Und es sprudelten so schöne Sätze heraus wie: daß auf den Künstler viele und hohe Mächte gewirkt haben; daß nur die bewundernde Liebe die Qualität des Kunst werks erkennen lasse. Müßten nicht solche Ge danken allein gewinnen? Der zweite Benediktiner, der aus der Schweiz stammende Salzburger Professor Betschart, sagte in seinem Vortrag über „Psychologie und moderne Kunst" alles womöglich noch deutlicher und kühner. Er verlangte Bereitschaft und Offen sein für die neue Kunst. Er wagte es, die von Matisse gemalte Kapelle von Vence mit den frü hen Malereien in den Handschriften und an den Wänden des Klosters Reichenau zu vergleichen. (Das aber war ein Benediktinerkloster.) Die heutigen seien geschichtlich nicht geringer zu werten. Er nannte den Namen Picasso, der wohl kaum in einem der Vorträge fehlte. In dem starken Zug zum Wesentlichen liege das positivste Merkmal der modernen Kunst. Er sprach mit einem Schuß Spott vom ,.Verlust der Mitte": drückte .sein Befremden darüber aus, daß Männer, die in Philosophie und Theologie den Materialis mus bekämpfen, ibn in der Kunst unterstützen, indem sie eine gegenständlich-naturalistische Scheinwirklichkeit unterstützten und diesen neuen Versuchen in der Kunst ablehnend gegenüberstün den. Professor Betschart scheute so scharfe Urteile nicht wie: daß viele Zeitgenossen ihre eigene Ent artung in die Kunst hineinlesen, so mehr über sich als über die Kunst aussagen. Die Kunst sei kein Parkplatz für persönliche Wünsche. Und sehfaul und denkfaul zu sein sei alles, nur nicht katholisch. Nach den Theologen die Laien vier Laienvorträge dieser Woche. Professor S a sZaloziecky, Graz, ein selten liebenswürdig verbindlicher Österreicher der älteren Generation, Fachgelehrter für byzantinische Kunst, war hel fend eingesprungen; er ließ Widersprechendes spüren und brachte die moderne Kunst in Farbe und geometrischen Linien auf den Nenner eines „radikalen Subjektivismus". Aber mit Lichtbil dern und warmer Pädagogik sprach er Optimis mus für die Zukunft aus, wenn es gelinge, „die objektiven Gehalte der christlichen Lehre mit den geläuterten abstrakten Tendenzen" zu einer neuen Einheit zu bringen. „Nicht das Abstrakte müssen wir ablehnen": große Kunst sei immer abstrakt .gewesen. Er leitete eine Diskussion, in der viel Wichtiges gesagt wurde. Er selbst noch einmal: daß er aus den abstrakten Tendenzen der moder nen Kunst und dem objektiven Gehalt des Chri stentums heraus an die Entstehung einer neuen sakra1en Kunst g1 aube. Er holte das Wort Berdjajews dazu: daß wir am Beginn eines neuen Mittelalters stünden. Er brachte da mit großem pädagogischem Geschick Beispiele aus der alten christlichen Symbolkunst; und besonders hierin, im Pädagogisch-Aufgeschlossenen, kam ihm si cherlich ein großes Verdienst für diese Tagung zu. Er war so aufgeschlossen, daß er bei Kandinsky sagen konnte, man denke da an die ..pneumatische Kraft der Ikonenmalerei". Er stellte dem seelen losen Materialismus des 19. Jahrhunderts das be seelte geistige Leben des 20. Jahrhunderts gegen über usw. Ganz eindeutig bezogen die beiden Jüngsten, Dr. W a r n a c h, Düsseldorf (,.Abstrakte Kunst als Zeitausdruck") und der Schweizer Professor Alfred S c h m i d („Künstlerische Entwicklung seit dem französischen Impressionismus"), ihre Stellung, ganz im Geiste von Professor Bet.schart und Abt Lang. Warnach nannte die Kunst der letzten 40 Jahre einen „Vorgang von erstaunlicher Kontinuität". Sie entbehre nicht einer immanen ten Logik. Wegen der Radikalität ihres Ansatzes möchte er sie statt „abstrakte" lieber „absolute" Kunst nennen. Diese Kunst habe den Charakter eines „heiligen Müssens". Er stellt sie in Vergleich mit dem gleichzeitigen Umbruch in Husserls Philosophie der Phänomenologie: es scheint ihm (besonders bei Kandinsky) ein Anflug mystischer Bezogenheit vorzuliegen; ein imponierender Glaube, der sich hie und da zum Pathos eines Re ligionsstifters erhebe, mit dem waltenden Grund wesen, daß es den einmaligen Menschen an seine einmalige Bestimmung durch eine Art negativer Theologie binde. Er sieht bei den Franzosen -An zeichen einer sakralen Kunst. Man komme nicht daran vorbei, diese Bewegung mitzuvollziehen. Diese beiden bedingungslos bejahenden Vorträge bildeten gleichsam eine Projektionswand für die Karl Färber. In: „Der Christliche Sonntag", Nr. 37, 5. Jahrgang. Um die Problematik der Kunst unserer Zeit „Für die moderne Kunst wird der Verständnis haben, der versucht, innerlich wahr und einfach zu leben und hinter der Fassade die Seele zu er blicken." Es geschah gewiß nicht von ,,ungefähr". daß gerade ein „Außenstehender", der Rector magnificus der Grazer Universität, Prof. Doktor Sauer, dessen Forschungsgebiet die Heilige Schrift des Alten Testaments ist, einem Rundge30
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