Christliche Kunstblätter, 92. Jg., 1954, Heft 1

sein^^), so ist dies bei der aristokratischen Haltung des karolingischen Reiches nicht anzunehmen, obwohl die Verschiedenheit der dieses Riesenreich bildenden Völker eine volkhafte Variation schon hätte zulas sen können. Die Reichskunst der Karolinger ist auf dem Gebiete des Ornamentes stark vom langobardischen Italien her durchsetzt worden, neben welcher Erscheinung das eigentlich Karolingische mit seinem anti kisierenden Stilwillen sich oft nicht leicht behaupten konnte. Von diesem Stilwillen jedoch ist weder in Linz noch in den mei sten Fällen auch in Klagenfurt nur eine Andeutung zu sehen. Wenn, wie Ginhart richtig annimmt, im karolingischen Reichs teil nördlich der Alpen sich zahlreiche Flechtbandplatten u. ä. befinden, so sei dazu bemerkt: Das Flechtband an und für sich kommt in der späten Kunst aller germani schen Völker vor. Die spezifische Form der Flechtbandplatten für Chorschranken im südlichen und später gelegentlich auch im zentralen Reichsteil hat hingegen damit nichts Näheres zu tun, denn vorhandene Arbeiten im zentralen karolingischen Herr schaftsgebiet sind entweder Exportware aus Oberitalien oder von langobardischen Wanderkünstlern gearbeitet bzw. angeregt worden. Die dann später durch einheimische Meister hergestellten Varianten sehen so fort anders aus und erst dann darf man von fränkischen, alemannischen, kroatischen und anderen Flechtbandplatten sprechen. Es ist völlig unmöglich, die Linzer Platten mit diesen Nachfolgearbeiten stilistisch in Zu sammenhang zu bringen, da ein solcher nur mit den Ausgangsarbeiten, also mit dem langobardischen Oberitalien möglich sein kann. St. Martin in Linz ist urkundlich bereits für 799 als seit einiger Zeit bestehendes Gotteshaus gesichert, Vorbesitzer waren der königliche Kaplan Rodland und dann der Bischof. Nachrichten, die wenigstens andeu tungsweise über den Bau und seine EinIn meinen mehrfach genannten Arbeiten konnte ich wiederholt auf seltsame Nationalisie rungsbestrebungen im Bereich des langobardischen Herzogtums Trient hinweisen. Ferner noch: E. Schaff ran, Über einige langobardische Herzog städte, in Archiv f. Kulturgeschichte (Weimar, 1938, Heft 3). Es handelte sich um künstlerische Auswirkungen einer nationalen Opposition einiger Herzöge gegen den König, die für die innere, spannungsreiche Zusammensetzung des langobardi schen Staates typisch war. richtung Auskunft geben konnten, fehlen^®). Wenn man die Linzer Platten auf ihre ornamentale Initialformen ansieht, so kön nen sie bereits um oder bald nach 750 ent standen sein. Der erwähnte Konservativis mus der langobardischen Kunst, das lange Beibehalten von im Grunde bereits un modern gewordenen Ornamentformen, das Bestehen exportfähiger langobardischer Steinmetzwerkstätten in Oberitalien noch vor 800 und sogar darüber hinaus, ließe jedoch auch eine Datierung in späterer Zeit zu. Da aber die Urkunde vom 20. Juni 799, gegeben an der Traisen, außer dem Kaplan Rodlandus auch den Bischof als Vorbesitzer nennt (in beneficium tenere visus fuit et portea domnus rex ipsi pontifici. . .), kann wohl auch schon wegen der Textierung dies Schlusses des 3. Absatzes „. . . subomni custodia vigilanti cura et pastorali gubernatione tradidit regendam .. ." an eine ent sprechend vornehme Innenausstattung ge dacht werden, in diesem Fall müßten die, einen integrierenden Bestandteil einer sol chen bildenden Chorschranken, bereits vor 799 gestanden haben. Nur kann dieses „vor" nicht näher umgrenzt werden, es sei denn, der nicht namentlich genannte Bischof wäre mit dem Aussteller der Urkunde, Bischof Waltrich von Passau, identisch; dieser re gierte von 774 um 804. Über die Auswer tung der Urkunde von 799 hat Erich Trinks ausführlich gehandelt, es sei also auf diese Arbeit nochmals verwiesen. Nach seinen Ausführungen ist der Bau der Kirche bzw. die Adaptierung eines vorkarolingischen Baues von unbekannter Widmung im Jahre 791 erfolgt. Der stilistische Zustand der beiden Platten ist im letzten Jahrzehnt des 8. Jahrhunderts ohneweiteres möglich, mög lich ist ferner auch, daß sie von einem Steinmetzlager bezogen wurden, wo sie be reits längere Zeit als Exportware lagerten, möglich ist aber auch ihre vorherige Ver wendung in jenem durch die Grabungen vermuteten sakralen Bau, welcher der un mittelbare Vorläufer von St. Martin gewe sen ist. Wenn aber dies der Fall gewesen sein sollte, so käme für dieses erste Gottes haus aus historischen Gründen doch nur Diese grundlegend wichtige Urkunde von 799 hat Erich Trinks in „Juraschek und Jenny, Die Martinskirche in Linz", a. a. O., S. 65 u. ff., sehr eingehend und erfolgreich behandelt und inter pretiert. 13

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