Die Flechtbandpktten zu St. Martin in Linz Von Prof. E. Schaff r a n, Wien (Dazu die Abbildungen lo, ii) Die beiden Flechtbandplatten im Inneren von St. Martin zu Linz sind die bisher ein zig bekannten Stücke dieser Art in Österreich nördlich des Alpenkammes. Wenn auch die Datierung der Reliefs im allgemeinen fast einheitlich in das frühe neunte Jahrhundert erfolgt, so bestehen hinsichtlich der kunstgeschichtlich-stilisti schen Einordnung erhebliche Unterschiede in der Auffassung. Franz Stroh hat in der ausgezeichneten Publikation von Franz Juraschek und Wil helm Jenny „Die Martinskirche in Linz . . ." (Linz, 1949), ohne mein 1941 erschienenes Buch „Die Kunst der Langobarden in Italien" zu erwähnen, die Linzer Flecht bandreliefs richtig dem langobardischen Kunstkreis gegeben und sich hiebei auf die nach mir erschienenen Arbeiten von R. Kautzsch^) und L. Franz^) bezogen. Karl Ginhart hingegen sieht in seiner zusam menfassenden Studie über die „karolingischen Flechtbandsteine in, Kärnten"^) der artige Reliefplatten als „karolingisch" an, wobei er sogar gelegentlich von einer ,,karolingischen Reichskunst volkstümli cher Richtung" .spricht. Da die derzeit an mehreren Orten des nördlichen Alpenvorlandes in Österreich und zum Teil auch in den nördlichen Kalk alpen laufenden Ausgrabungen möglicher weise auch auf Denkmäler der ausgehenden Völkerwanderungszeit stoßen könnten (und dieser gehören die Linzer Platten als Spät linge an), soll hier der Versuch unternom men werden, diese, erstmalig 1939 durch Franz Stroh kritisch publizierten Kunstwerl<«^) auf ihre stilkundliche Zugehörig keit zu untersuchen, also die Frage klären 9 Rudolf Kautzsch, Die langobardische Schmuck kunst in Oberitalien (Wien, 1941). 9 L. Franz, Die Germanenfunde von Civezzano ... (Veröffentl. des Museum Ferdinandeum Innsbruck, 1939, erschienen später, 1944). K. Ginhart, Die karolingischen Flechtwerk steine in Kärnten, in Egger Festschrift „Aus dem römischen und germanischen Kärnten" (Klagen furt, 1942). 9 F. Stroh, Ein langobardischer Flechtbandstein aus Linz (Jhb. d. Ver. f. Ldskde. und Heimat pflege, Linz, 1939). ZU helfen, ob hier ein langobardisches oder ein karolingisches Denkmal vorliegt. Das Flechtband als dekoratives und wahrscheinlich auch sinnbildliches Motiv ist nicht nur im Bereich der langobardi schen und nachlangobardischen Kunst in Italien, den Südteilen der Alpen und in Dalmatien zu finden, sondern kommt auch in der ganzen merowingischen und karolin gischen und oft noch in der süd- und mit teldeutschen spätromanischen Kunst vor®). Jedoch als wohlorganisierter Schmuck von Platten besonderer Bestimmung ist das Flechtband doch nur (aber einzig für die sen Zweck) im Bereich der langobardischen und postlangobardischen Kunst zu finden, und treten derartige Flechtbandplatten außerhalb dieses Gebietes auf, so sind sie Importe, vertragene Stücke. Dieser spe ziellen Gruppe zuzuteilen sind u. a. die meisten dreistreifigen Flechtbandplatten im Landesmuseum Klagenfurt (auf ähnliche andere Denkmäler in Kärnten kann hier augenblicklich nicht eingegangen werden), die Sandsteinplatte aus Lauterach (Museum Bregenz)") und die beiden Linzer Flecht bandplatten. Ferner stammen aus der glei chen, sofort näher zu lokalisierenden Kunstprovinz, die beiden in Wien gefun denen, derzeit im Stift Seitenstetten auf bewahrten Kapitelle, obwohl sie ohne Flechtbanddekor sind; Diese Kunstprovinz ist nun das langobardische Oberitalien und im besonderen Friaul, wo die langobar dische Pierzogstadt Cividale noch weit über das Jahr 774 hinaus (Fall von Pavia und Ende des Langobarden reiches) Steinmetz werkstätten besaß, die ohne tiefreichende stilistische Veränderungen ihre Ornamente und besonders ihre Flechtbandplatten in der herkömmlichen Art des achten Jahr hunderts herstellten und exportierten^). •'') Wilhelm Holmquist, Kunstprobleme der Merowingerzeit (Stockholm, 1939). ") Siehe meine Publikation darüber in Zeit schrift für Schweizer Archäologie und Kunst geschichte, 1939, Heft 4. ') Darüber E. Schaffran, Die Kunst der Lango barden in Italien (Jena, 1941) und der gleiche, Langobardische und nacblangobardische Kunst in den deutschen Ostalpen, „Mannus", 1939, Heft 3. 10
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