Bundesgewerbeschule Steyr 1954-1963

Religion Der junge Mensch ist heute nicht besser, aber auch nicht schlechter als früher, wohl aber steht er viel mehr unter schled1te11 Einflüssen und grö- ßeren Gefahren als der heranwachsende Schüler von einst. Schon im Eltern- haus begegnet er durch die mitverdienende, also abwesende Mutter, die ihm etwas anzusehen hinterläßt, in Comic' s und ähnlichen Bildern, ersten Ge- fahren durch die geheimen „Miterzieher der Jugend", wie sie Ulrich Beer in seiner gleichnamigen Schrift aufzählt. Dann tritt die bewußte Verführung, wie sie leider auch immer wieder tatsächlich vorkommt, an ihn heran. Wohl dem Kinde, das in den Eltern ein gutes Beispiel hat und eine Hilfe für seine Wohlfahrt. Was kann aber die Schule hier tun? Sie hat nach dem neuen Schul- gesetz die Aufgabe, an der Entwicklung der Anlagen der Jugend nach den sittlichen, religiösen und sozialen Werten sowie nach den Werten des Wah- ren, Guten und Schönen durch einen, ihrer Entwicklungsstufe und ihrem Bil- dungsweg entsprechenden Unterricht mitzuwirken. (Schulorganisationsgesetz § 2). Der Religionsunterricht ist damit Pflichtgegenstand. Der junge Mensch soll nicht nur fachliches Wissen erhalten, er muß auch weltanschaulich fun- diert sein und drnrakterlich geschult werden, um den hohen sittlichen An- forderungen und Gefahren unserer Zeit gewachsen zu sein. Elternhaus und Sdmle sollen zusammenarbeiten, um den jungen Men- schen das entsprechende Fundament für ein späteres, verantwortungsbewuß- tes Leben in Beruf, Familie und Staat zu geben. Das gleiche drückt auch Pestalozzi aus, wenn er sagt: ,,Der Mensch, der viel weiß, muß mehr als jeder andere zur Einheit seiner Seelenkräfte erzogen werden. Ist dies nid1t der Fall, so wird sein Wissen in ihm selbst zum Irrlicht, das Zerrüttung in sein Innerstes trägt." Wo vom Elternhaus ein gutes Fundament gelegt ist und in der wei- teren Folge Schule und Elternhaus, aufgebaut auf ein Wissen um ein ewiges Ziel und ein Verantwortungsbewußtsein vor Gott, zusammenwirken, da zei- gen sich auch die Früchte im Lernerfolg, in Charakter und Lebensgestaltung. Ein kleines Beispiel dazu möge erzählt sein. Im vergangenen Jahre ist ein Maturant unserer Schule, ein Vierteljahr nach der Reifeprüfung , tödlich verunglückt. Seine Mutter erzählte mir nach dem Begräbnis, daß sie einige Wochen vorher mit ihrem Sohn über den Tod gesprochen habe. Er erzählte ihr, daß wir in einer Religionsstunde dies erörterten: Jederzeit bereit sein für den entscheienden Augenblick. Dieser Gedanke hat ihn sehr 'beeindruckt und ihm immer wieder zu denken gegeben. Die Mutter versicherte mir, dies sei der einzige Trost für sie, weil sie sich bewußt war, daß ihr Sohn nicht nur davon redete, sondern sich auch daran gehalten hat. ]. Willnauer 96

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