Bundesgewerbeschule Steyr 1954-1963

Ein Handwerk mit Tradition und Zukunft Gürtlerei „Mahle ein Stück Ziegelstein oder Dachziegel ganz fein, schmilz Pech in einem irdenen Topf und setze etwas Wachs hinzu. Sind diese beiden innig verschmolzen, so mische das Ziegelmehl dazwischen, rühre die Masse tüchtig und gieße sie in Wasser aus." Diese Sätze berichten von nichts anderem, als von der Herstellung des Treibkitts und wurden vor einem Jahrtausend von THEOPHILUS PRES- BYTER, einem Benediktinermönch, geschrieben. Die DIVERSARUM ARTIUM SCHEDULA, welche uns darüber Auskunft gibt, ist geradezu eine Fundgrube für Techniken des Kunsthandwerks im zehnten Jahrhundert. Es mag eigenartig scheinen, daß in unserem Zeitalter ein so altes Re - zept noch Gültigkeit hat. Wir treiben auf dieser Kittunterlage heute noch genau so wie vor tausend Jahren - wir schmieden auf diei gleiche Art wie Tabernakel für die Bundessportschule Schielleiten damals aus einer Scheibe ein Gefäß. Die Frage liegt nahe: Hat dies denn heute noch einen Sinn, wo wir doch nach den vielfältigsten maschinellen Methoden Blech verformen können. Aber schon in der Silbe „ver" liegt ein gewisser Tadel. Es hat seinen Sinn. Das Metall in seinen Händen, lernt der Schüler es zu fühlen und zu formen - er lernt Material vom Werks t o f f her und Werkzeug richtig zu gebrauchen. Dieses Verständnis ist notwen- dig, gerade in unseren Tagen, wo, vom Besteck bis zur Autokarosserie, in Massen für die Massen in Metall produziert wird. Gerade deshalb vielleid1t, hat das Einzelerzeugnis noch einen Bestand, weil man in dem Handwerks- gut unmittelbar den schöpferischen Menschen spürt. Die Technik des Gürtlers ist gleich geblieben, nur der Erzeugungsgegenstand hat sich im Laufe der 85"

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2