Bundesgewerbeschule Steyr 1954-1963

Hier können auch Werkstoffe durch stufenweise gesteigerte Wechsel - beansprnchungen „hochtrainiert" werden, wie Sportler vor dem Wettkampf. Auf einer der Maschinen wird gerade die Anhängerkupplung eines LKWs untersucht, dort zeigt das Zählwerk eines Torsionspulsators eben den mil- lionsten Lastwechsel einer Traktor-Ritzelwelle an, daneben sd1wingen 50 Ventilfedern unter einem Ölstrom (zur Wärmeabfuhr! ), eine weitere Ma- schine testet eine komplizierte Schweißverbindung. Eine Fülle interessanter Einzelheiten nimmt den Beschauer gefangen. Der uns führende Ingenieur sieht schließlich bedauernd auf die Uhr. Leider - die vorgesehene Zeit ist zu Ende. Etwas benommen und die vielen Eindrücke nod1 im Geist verarbeitend, tritt die Gruppe wieder ins Freie. Verflixt, jetzt regnet es auf einmalr Ja, vor lauter „Wechselbeanspru- chungen" haben wir auf einen möglichen Wetterwechsel ganz vergessen. Schließlich ist ja April! A'ber deshalb keine Mißstimmung. Der Rest des Nadm1ittags ist ja frei, und in ein paar Tagen sind Osterferien. H. Faatz Erziehung zur Verläßlichkeit Lehrwerl~stätte: Grundausbildung Ungemein vieles ist dem Schüler neu, der in die berufsbildende Schule eingetreten ist. Nicht nur die Umgebung, in der er seinen Unterricht emp- fängt, und das Lehrgut sind neu, auch die Lehrmittel, die er benützen darf . Diese aber .dienen nicht der Übung als Selbstzweck, sondern helfen, Dinge des bestehenden Bedarfes herzustellen. Was der Sd1üler lernend und übend formt, wird aus dem für den Ge'brauch geeigneten Werkstoff gemacht und, fertiggestellt, ihm oder seinen Kameraden an der eigenen oder einer anderen österreichischen Schule als Werkzeug oder Meßgerät gute Dienste leisten. Welche Verantwortung fühlt da der Vierzehnjährige schon am Beginn seiner Ausbildung r Die Stätte, an der er seine Grundausbildung als Maschinenschlosser er- halten soll, betritt er gemeinsam mit allen seinen Klassenkameraden gleich am ersten Schultag. Keine finstere „Werkstatt", nein, ein hoher, helle r Raum mit Fenster an Fenster empfängt ihn. Anstelle der Schulbänke stehen massive Werkbänke hintereinander. Jeder Platz hat einen Schraubstock und eine sperrbare Lade mit Schuber für das Namensschild. Diese Lade beher- bergt Werkzeug zum Festhalten, Messen, Feilenl und Schlagen in allen Grö- ßen, und das alles gehört ein Jahr lang ihm ganz allein. Sollte er, so wird ihm gesagt, weiteres Werkzeug benötigen, so kann er es gegen Einsatz der in seinem Besitz befindlichen Werkzeugmarken, die seine Schülernummer tragen, jederzeit im Zentralmagazin ausfassen. Von der Parallelklasse ist der Raum durch einen riesigen Ein'bauschrank getrennt. Der Lehrer öffnet die Schranktüren und zeigt den Schülern die in Gestellen aufgereihten Werkzeuge für die Herstellung von Bohrungen und Gewinden aller Arten und Größen , wie die Orgelpfeifen in Reihen schön- stens geordnet. Ordnung wird im gesamten Werkstättenbetrieb groß ge- schrieben.

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