Bundesgewerbeschule Steyr 1954-1963

Manchmal war ein heikles Schreiben oder ein Tätigkeitsberid1t abzu- fassen, von dem viel abhing, dazu türmte sich jeden Tag ein Stoß Briefe auf seinem Schreibtisch. Man mußte fehlerfrei und gewandt schreiben kön- nen. Bei einer guten Bürokraft wäre sein Ansehen mit jedem Fehler ge- sunken, den er im Konzept gemacht hätte; eine schlechte Schreibkraft dage- gen hätte seine Fehler in die Reinschrift übernommen. Erst jetzt war unser Ingenieur dankbar, daß er über sein vierzehntes Lebensjahr hinaus in Auf- satz und Red1tsd1reiben unterrid1tet worden war. Leider erlag einer aus der Belegschaft einem Verkehrsunfall. Am offe- nen Grab sprad1en ein im Reden geübter Priester oder ein Funktionär. Als Vorgesetzter aller Umstehenden konnte, ja durfte der Ingenieur den Vor- rednern nicht nachstehen. Es gelang ihm, weil er gelernt hatte, eine Rede vorzubereiten und zu halten. Satt von des Dienstes Einerlei, wollte sich der Ingenieur ab und zu in sein Zimmer zurückziehen und in Ruhe Zwiesprache halten mit einem Dichter, der vielleid1t in monatelangem Ringen seine Probleme gelöst und zu einem schlichten Band geform~ hatte. Und beglückt fand der Leser darin auch sein eigenes Anliegen. Er las, um sich selbst in der Did1tung wieder- zufinden. Wer Techniker und Menschenführer sein mußte, durfte nicht in Zirkel und Rechenschieber die alleinigen Hilfsmittel für die Ausübung seines Berufes sehen. Das nämlich war das Ziel jenes Ingenieurs: er wollte durch die Aus- einandersetzung mit den Ideen und Problemen anderer seelische Kraft spei- chern. Im Fach „Deutsch" hatte er sich das Rüstzeug geholt, daß er mehr war als nur ein guter Fadu11ann: eine Persönlichkeit. E. Grandr Das betriebsinterne Übersetzungs~ und Korrespondenzbüro Fremdsprache (Englisch) In die Werkstätte ist ein neues Meßgerät gekommen. Die Betriebs- anweisung ist in englischer Sprache abgefaßt. Schüler der höheren Jahrgänge der betreffenden Abteilung werden beauftragt, eine gute Übersetzung ins Deutsche anzufertigen. Es handelt sid1 um neuartige Prüfungsmethoden an Benzinmotoren. Zunächst wird die Arbeitsweise und die Wartung des Ge- rätes an Hand des Objektes nach der englischen Anleitung beobachtet. Ne- ben den Wortlaut tritt die praktische Anschauung. Daraus kann eine ein-· wandfreie Übersetzung entstehen. Der erste Entwurf ist da , a'ber er verrät noch zu sehr die „Über-Setzung". Das muß besser werden. Der Maru1 in der Praxis hat nicht die Zeit, sich mühsam durch den Text durd1Zuarbeiten. Die Formulierung muß klar, einfach und sachlich sein, dabei darf am Sinn und an der Bedeutung nichts geändert werden. Mehrere Fassungen werden ge- macht, aus ihnen entsteht die letzte Fassung; die geht dann in Druck. 15

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2