Protokoll aufgenommen vom Herrn k. k. Bezirkshauptmann in Steyr am 5. Juni 1891 im kleinen Rathssaale der Stadt Steyr. Gegenwärtige: Herr k. k. Bezirkshauptmann Hugo R. von Hebenstreit als Commissionsleiter, Herr Rudolf Wiesmayr, k. k. Bezirks=Ingenieur als technischer Beirath, Herr Ritter Friedrich von Rosner, k. u. k. Oberstlieutenant, k. u. k. Genie=Director in Linz in Vertretung des k. u. k. Reichskriegs=Ministeriums, Herr Johann Redl, Vice¬ Bürgermeister und Herr Dr. Franz Angermann und Josef Huber, Gemeinderäthe als Vertreter der bauführenden Gemeinde Stadt Steyr und die im Laufe des Protokolles namhaft gemachten Parteien. Gegenstand: Die Stadtgemeinde Steyr hat in der Sitzung vom 14. November 1890 den einstimmigen Beschluss gefasst, die beiden hölzernen Brücken über die Enns und die hölzerne Brücke über die Steyr durch solche aus Eisenconstruction zu ersetzen. Zu diesem Zwecke fand am 16. März 1891 eine Vorcommission an Ort und Stelle statt, bei welcher laut des Protokolles vom gleichen Tage die erforderlichen Er¬ hebungen zur Verfassung der Projecte gepflogen wurden. Nach Uebermittlung dieser Projecte hat nun die k. k. Be¬ zirkshauptmannschaft Steyr, welche mit dem Erlasse der hohen k. k. Statthalterei vom 13. März 1891, Z. 3707/I, zur Vornahme der über die Durchführung dieser Projecte zu pflegenden commissionellen Verhandlung betraut wurde, in Anwendung des im § 82 des Wasserrechtsgesetzes vor¬ geschriebenen Edictalverfahrens die Localverhandlung über die Anlage dieser drei Brücken mit der laut der an¬ geschlossenen Beilagen im Amtsblatte der Linzerzeitung, in der Stadt Steyr und in den derselben unmittelbar an¬ grenzenden Gemeinden Garsten, Gleink, Sierning und St. Ulrich verlautbarten Kundmachung vom 5. Mai 1891, Z. 5281, auf den heutigen Tag anberaumt und bildet die Darlegung des Ergebnisses dieser Verhandlung den Gegen¬ stand dieses Protokolles. Die vorbenannten Commissions¬ mitglieder fanden sich zur bestimmten Stunde an Ort und Stelle ein, und wurde der Localaugenschein einzeln bei jedem Objecte respective Standorte vorgenommen und vor allem constatiert, dass die von der Gemeinde Stadt Steyr im Sinne des Protokolles vom 16. März 1891 zu Grunde gelegten Pläne den Verhältnissen und Massen an Ort und Stelle entsprechen. I. Verhandlung und Befund über die „Obere Ennsbrücke“ Die obere Ennsbrücke im Zuge der Eisenstraße ist gegenwärtig eine Holzbrücke mit gemauerten Wiederlagern und vier hölzernen Wasserjochen. Die Spannweite beträgt 98•8 m. An gleicher Stelle soll die neue Brücke mit theilweiser Verwendung des linksseitigen Wiederlagers in der in den vorliegenden Plänen dargestellten Weise erbaut werden. Sie erhält 2 Oeffnungen von je 45·0 Mt. Stützweite, 1 Strompfeiler und 2 gemauerte Wiederlager. Es wird sonach die freie Durchflussöffnung in der Höhe des Brücken¬ auflagers 89°0 — 2•25 =86·75 Ml. betragen. Es bleiben demnach für die Schiffahrt 2 Oeffnungen beim Mittel¬ wasser von 37°9 Mt. am linken Ufer und 42°9 Mt. am rechten Ufer. Nachdem die Naufahrt gegen das linke Ufer gerichtet ist, die neue Spannweite entsprechend jener der bestehenden „Unteren Ennsbrücke“ gewählt ist, erscheint die Restringierung der Spannweite der neuen Brücke durch Vorrückung des rechten Wiederlagers in den Flussgrund vom wasserrechtlichen Standpunkte für zulässig. Die Stellung des neuen Strompfeilers entspricht der Stellung der gegenwärtigen Joche und der Flufsrichtung; desgleichen die Stellung der Brückenwiderlager. Die Con¬ structions= Unterkante der eisernen Brückenfahrbahn, welche vom linken zum rechten Ufer um 1 2/3% fällt, liegt mit ihrem tiefsten Punkte um 5°95 M. höher als der Null¬ Wasserstand, bezogen auf den unteren Ennsbrückenpögel. Nachdem die Naufahrt mehr dem linken Ufer zugeneigt ist, so ist für die Flossfahrt die Höhendifferenz in der links¬ seitigen Durchfahrtsöffnung maßgebend und beträgt selbe in der Naufahrtslinie 7·0 M. ober Null. Es besteht dem¬ nach auch im Sinne der bestehenden flusspolizeilichen Vor¬ schriften gegen die Stellung des Strom= und der Land¬ pfeiler, gegen die projectierte Höhe der Constructions=Unter¬ kante über den Wasserspiegel kein Anstand. Bemerkt wird noch, dass die Höhencoten in der Blaupause der Brücken¬ bau=Anstalt Graz, 4. April 1891, unrichtig sind und hiefür die Coten in dem allgemeinen Dispositionsplane (Quer¬ Profil) maßgebend sind. Die näheren Constructionsdetails der Brücke sind aus den Plänen ersichtlich und wird noch zugefügt, dass die Verstärkung des linksseitigen Landpfeilers auf dem ärarischen Treppelweg, welcher hiedurch nicht tangiert wird, der recht¬ seitige Landpfeiler, sowie die Rampe am rechten Ufer im Flussgrund der Enns eingebaut werden. Die rechtseitige Fortsetzung der Brücke bedingt die Einlösung eines Garten¬ theiles des Hauses C.=Nr. 229 Schönau/C.=Nr. 1 Eisenstraße, während linksseitig die Stadtgemeinde Steyr mit dem städt. Neuthorgebäude an die neue Anlage anraint. Die Zustimmungs=Erklärung des Besitzers des ge¬ nannten Hauses, Johanna Wonicky, sowie deren Unter¬ schrift scheint im Original=Commissions=Protokolle vom 16. März 1891 auf. II. Verhandlung und Befund über die „Untere Ennsbrücke.“ Die „Untere Ennsbrücke“ liegt im Zuge der Steyr¬ Leonsteiner Landesstraße und ist eine Holzbrücke von 88·5 M. Spannweite mit zwei gemauerten Widerlagern und vier hölzernen Stromjochen. An gleicher Stelle mit Benützung der beiden Widerlager und Einbau eines neuen Strom¬ pfeilers soll die neue Brücke in einer Gesammtstützweite von 90·0 M. erbaut werden. Die freie Durchflussöffnung in der Höhe des Brückenauflagers wird 88·65—2•25 gleich 86•4 Meter betragen. Die Richtung und Lage des neuen Strompfeilers entspricht den localen Flussverhältnissen und ist parallel der Richtung der bestehenden Wasserjoche. Die Brückenfahrbahn steigt vom linken zum rechten Ufer um 1 3/10% und liegt der tiefste Punkt der Constructions¬ Unterkante um 6·0 M. höher als der Nullwasserspiegel der Enns. Durch die projectierte Anlage wird in wasserrechtlicher Beziehung kein öffentliches oder privates Interesse schädigend beeinflusst.
Durch die Brückenanlage ist am rechten Ufer die Ein¬ lösung eines Theiles des Hauses C.=Nr. 289 Enns¬ dorf/(C.=Nr. 2 Bahnhofstraße der Johann John's Nachfolger erforderlich und liegt bezüglich desselben die bedingte Erklärung des Vertreters der Eheleute Johann und Magdalena John, sowie der Sparcasse=Direction in Steyr vor und wird diesem Protokolle angeschlossen. Zur Sicherung der unbehinderten Flossfahrt am Ennsflusse während des Baues dieser Brücken ist es wünschenswert, dass die Montierung dieser Brücke, resp. die Herstellung der Gerüstbrücken nicht gleichzeitig bei beiden Brücken und womöglich in jener Zeit stattfindet, wo die Floßschiffahrt zum größten Theile sistiert ist; es ist dies die Zeit vom 1. November bis 1. März. Da jedoch während der Montierung die zeitweise Sperrung der Enns für die Schiffahrt oder jedenfalls eine bedeutende Beschränkung unausbleiblich sein dürfte, so hätte sich seinerzeit die Stadtgemeinde Steyr unter Vorlage der bezüglichen Gerüstungspläne an die hohe k. k. Statthalterei wegen Verfügung der nothwendigen Provisorial=Maßregeln zur Regelung eventueller Sistirung des Floßschiffahrtsver¬ kehres auf der Enns zu wenden. III. Verhandlung und Befund über die „Steyrbrücke“ Die Steyrbrücke liegt im Zuge der Steyrer=Reichsstraße in der Burgfriedenstrecke der Stadt Steyr, ist gegenwärtig eine Holzbrücke mit 2 gemauerten Strompfeilern und 2 gemauerten Widerlagern; ihre Spannweite beträgt in der Richtung der Brückenaxe 70·3 Meter die reine Durchflussweite 64·5 Meter. Die Brückenstelle ist nahe der Einmün¬ dung der Steyr in die Enns und sind infolge des Rück¬ staues die Hochwasserstände des Ennsflußes hier maßgebend. Die neue Brückenanlage wird an Stelle der bestehenden in gleicher Richtung nur flufsabwärts verschoben in der in den Plänen dargestellten Weise erbaut. Sie erhält demnach durch Erbauung eines neuen Strompfeilers unter Benützung der bestehenden Widerlager eine Gesammtstützweite von 71·2 Meter und eine freie Spannweite in der Höhe des Brückenauflagers von zusammen 69•95 Meter, dementsprechend eine Durchflussöffnung von 67°7 Meter. Der neue Strom¬ pfeiler wird senkrecht zur Brückenaxe im Altwasser der Steyr erbaut und erhält gegen die Richtung der alten Strompfeiler eine mehr der Uferrichtung entsprechende Lage. Die Brücken¬ fahrbahn steigt vom rechten zum linken Ufer um 2•67% und ist die Constructions=Unterkante um 5·58 Meter höher als das Nullwasser des Steyrflußes (Altwasser). Die auf dem Steyrfluß bestehende Ladenkahnfahrt passiert die Brückenstelle im rechtseitigen Werkswasser der Heindlmühle und wird durch den neuen Brückenbau in keiner Weise alterirt. In wasser¬ rechtlicher Hinsicht besteht demnach gegen die gewählte Spann¬ weite=Construction und Lage des Strompfeilers, Construction der Fahrbahn kein Anstand. Durch die neue Brückenanlage ist am rechten User die Einlösung eines Theiles des Werksgebäudes, Object XII (Heindlmühle), C.=Nr. 2 Stadt, am linken Ufer die Recon¬ struction der Aufgangsstiege beim Hause C.=Nr. 64 Steyr¬ dorf und C.=N. 15 Michaelerplatz nothwendig. — Bezüglich des erstgenannten Werksgebäudes geben die Vertreter der österr. Waffenfabriksgesellschaft Verwaltungsräthe Herr Jo¬ hann Berger und Herr Baron Robert Buddenbrock hinsichtlich der erforderlichen Ablösung im Namen des Verwaltungs¬ rathes die Zustimmung und bekräftigen dieselben durch die eigenhändige Unterschrift. Baron Buddenbrock Johann Berger Verwaltungsrath. Verwaltungsrath. Bezüglich der Gestattung der Reconstruction der Auf¬ gangsstiege beim Hause C.=N. 64 Steyrdorf ist die Zu¬ stimmungserklärung der Eheleute Josef und Theres Mayr in bedingter Weise im Original=Commissionsproto kolle vom 16. März 1891 enthalten. Die Vertreter der Stadtgemeinde Steyr erklären dieser Bedingung vollinhaltlich zuzustimmen. Es wird technischerseits noch angeführt, dass für die Eisenconstruction die Beanspruchung von 800 Klg. pro cm? für Fahrbahn und Gehwege von 900 Klg. für die Haupt¬ träger, bei einer Belastung von Menschengedränge mit 460 Klg. pro m2 und von Wagenlasten für die obere Ennsbrücke mit 12 Tonnen, für die beiden anderen mit 20 Tonnen zur Berechnung zugrunde gelegt wird. Der Herr Vertreter des k. u. k. Reichs=Kriegs=Mini¬ steriums gibt zu Protokoll: Hinsichtlich der militärischen Wichtigkeit dieser Objecte behält sich das k. u. k. Reichs¬ Kriegs=Ministerium sowohl die Forderung der Anbringung permanenter Minenanlagen, als auch die Zustimmung zu den Projecten im Allgemeinen, bis zu dem Eintreffen des vorliegenden, mit sämmtlichen Plänen instruierten Com¬ missions=Protokolles vor. Ich bitte um die Ueberlassung eines mit sämmtlichen Plänen instruierten verificierten Protokollsabdruckes behufs Vorlage an das k. u. k. Reichs=Kriegs=Ministerium. Friedrich K. v. Rosner Oberstlieutenant, k. u. k. Genie=Director. Herr Karl Reder, Vertreter der Genossenschaft der Schiffmeister und Holzhändler und der Ladenkahnfahrt=In¬ teressenten, gibt die Erklärung ab, dass er die Durchführung der oben beschriebenen Brückenobjecte im Interesse der Floss¬ schifffahrt und Ladenkahnfahrt geradezu freudigst begrüße und nur das Ersuchen stelle, während des Baues der Brücken die geeignete Vorsorge zu treffen, dass die Flossfahrt in keiner Weise behindert oder gehemmt wird, was wohl am leichtesten dadurch zu erzielen wäre, wenn der Bau nach Schluss der Flossschifffahrt und vor Beginn derselben, sohin zur Winterszeit zur Durchführung gelange. C. Reder. Die Vertreter der Stadtgemeinde Steyr geben noch die Erklärung ab, dass der Bau der 3 Brücken im Zeit¬ raume eines Jahres vollendet sein wird und daher diese Frist im Sinne des § 86 des Wasserrechtsgesetzes bei Ertheilung der zu erwartenden hohen Bewilligung aus¬ reichend ist. Nachdem sohin der Gegenstand der Verhandlung in genügender Weise erläutert und von keiner Seite gegen die Protokollierung irgend ein Anstand erhoben wird, so wird das Protokoll nach Verlesung geschlossen und von sämmt¬ lichen Anwesenden gefertigt. Friedrich K. v. Rosner, Oberstlieutenant, k. u. k. Genie¬ Director, als Vertreter des k. u. k. Reichs=Kriegs=Mini¬ steriums. — Hugo Hebenstreit, k. k. Bezirkshauptmann. Rudolf Wiesmeyer, k. k. Bezirks=Ingenieur. Dr. Angermann, Gemeinde¬ Redl, Vice=Bürgermeister. rath. — Josef Huber, Gemeinderath. Druck von Emil Haas & Co. in Steyr.
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