Manfred Brandl - Der Kanonist Joseph Valentin Eybel 1741-1805

Kirchenzucht, Kirchenväter und Schriften gottseliger und wahrhaft gelehrter Männer 244 . Untrüglich sei der Papst nur - um mit Natalis Alexander zu sprechen - wenn er einverständlich mit der ganzen Kirche spreche2 45 . Wie lächerlich die logischen Implikationen einer solchen Aussage sind, müßte Eybel eigentlich bei seiner Intelligenz gemerkt haben. Selbstverständlich stehe der Papst unter dem Konzil2 46 ; er sei lediglich dessen Vollzugsorgan247. Das Konzil (der „allgemeine Kirchenrat") ist in den zur ewigen Seligkeit notwendigen Glaubens- und Sittenlehren untrüglich. Bloße „Zuchtgesetze" (kirchliche Disziplin, Übungen u.ä.) dürften von jedem Bischof (i. e. nach Eybel, von jedem Landesfürsten) nach Gutdünken abgeändert werden 248 . Denn in Sachen, welche lediglich die Zucht beträfen, sei die Kirche nicht untrüglich; solche Zuchtgebote ließen sich deshalb nach verschiedenen lokalen und zeitlichen Umständen verschiedentlich ausrichten und ändern 249 . Die übertriebenen Ansprüche des Primats und der Kurialisten will Eybel auch psychologisch erklären: menschliche Schwärmerei, Ruhmsucht und Schmeichelei hätten es soweit gebracht 250 . Das „höchste Obergericht der Kirche" stehe also bei den versammelt oder auch unversammelt (wie?) übereinstimmenden Bischöfen. Und nachdem ja jede Macht nur solcher Mittel bedürfe, die zu ihrem Endzweck notwendig sind, so gebe die Notwendigkeit der Einheit in der Kirche „den sichersten Hauptgrund an die Hand, nach welchem wir einsehen ... können, welche Rechte dem Pabstthume wesentlich eigen, und welche ihm etwann ohne Noth nach der Zeit zugewachsen sind 251 ." Diese Trennung vorzunehmen, war ein Gebot des gallikanisch-febronischen Geistes. So unterscheidet denn Eybel die notwendigen von den zufälligen Rechten des Papstes 252 : Er habe 1. ein Recht darauf, daß ihm alles, ,, was in welchem Theile der Kirche immer gehandelt wird, und die allgemeine Kirche wie immer betreffen kann", berichtet werde, ,,damit er desto leichter von Amtswegen nach den Kirchensatzungen das erforderliche vorkehren möge25 3." 244 Einleitung III, S. 77. 245 Einleit,mg III, S. 83. 246 Einleitung III, S. 103 ff. 247 Einleitung III, S. 111. 248 Einleitung III, S. 116. 249 Einleitzmg III, S. 120. 250 Einleiwng III, S. 159. 251 Einleitung III, S. 202 f. 252 Einleitung III, S. 203. 253 Einleit,mg III, S. 203 § 172'. 88

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2