Manfred Brandl - Der Kanonist Joseph Valentin Eybel 1741-1805

VORWORT In einigen kurzen Sätzen möge einleitend die Absicht dieser Arbeit umrissen werden. Als wir in Innsbruck versuchten, einen theologiegeschichtlichen Zettelkatalog als Grundlage für die Neubearbeitung des Hugo Hurter'schen Nomenclator litterarius theologiae catholicae aufzubauen, galt zuerst unser Augenmerk vornehmlich der Epoche der Aufklärung und dabei dem deutschen Sprachraum. An die 2500 katholische Kirchenschriftsteller mochten wir dabei sammeln. Im Verfolg dieser Arbeit stießen wir in den Tageskontroversen des josephinischen Jahrzehnts (1780 - 1790) immer wieder auf einen Namen: Eybel. In jenen Sturmtagen für die Kirche Österreichs war er es, der praktisch zu jedem tagesmodischen Thema etwas veröffentlichte oder wenigstens in Form von offiziellen Gutachten in Archive vergrub, egal ob es sich um den päpstlichen Primat oder die Ohrenbeichte, Eherecht oder Ordensstand, bischöfliche Befugnisse oder Staatsgewalt in der Kirche, Liturgiereform oder Zölibat, Brevier oder Andachtswesen, Wetterläuten oder Toleranz oder sonst eine gängige Tagesfrage handelte. Eybel spiegelt in intellektuell nicht sehr hochstehender, aber umso selbstgefälligerer Weise die ganze Skala des geistigen Tageskampfes wider. Ferner darf man sagen: Eybels an Wirkung wichtigsten Arbeiten, die kleine Papstschrift von 1782 und die Ohrenbeichtschrift von 1784 sind jene Arbeiten, die größere literarische Fehden innerhalb der katholischen Kirche deutscher Lande verursachten als jede andere in dieses Gebiet gehörige Schrift der Zeit von 1770 bis 1820. Sicher: hunderte andere Schriften mochten gehaltvoller sein als diese aus dem Gedächtnis hingeschriebenen Broschüren. Eybel wußte sich im sicheren Besitz des (von ihm für unumstößlich wahr gehaltenen) Zeitgeistes. Und das ist es, was uns Heutige so belustigt und zugleich befremdet: die Selbstsicherheit, ja Gewißheit unerschütterlichen Wahrheitsbesitzes in diesen Dingen, über die man sich damals die Köpfe heiß redete. Und immerhin waren es damals die kirchlichen Themen, oder, weiter gefaßt, religiöse Fragen, für die man sich am meisten ereifern konnte. Man darf hinsichtlich Eybels und anderer Tagesschriftsteller seiner Zeit einen Verdacht äußern : es war nicht nur der intellektuelle Einsatz für das erkannte Bessere, was sie zum Schreiben brachte. Eher schon die - wenn auch meist kleinen - Honorare. Ihre Schriften waren auch nicht allein Ergebnis des geistigen und kulturellen Wandels der Zeit, sondern es war auch ein psychologisch zu begreifendes Bestreben in vielen, sich einfach 5

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