Manfred Brandl - Der Kanonist Joseph Valentin Eybel 1741-1805

Im selben Jahr, mit ähnlicher, nur zugespitzterer und einseitigerer Tendenz geschrieben, erschien Johann Nikolaus von Hontheims (1701 - 1790) 160 „Febronius", eines der bedeutendsten Bücher katholischer Theologie, man darf sagen, der gesamten Neuzeit, was seine Wirkungsgeschichte betrifft. Die Nouvelles ecclesiastiques161 berichten, das Werk habe in ganz Europa die größte Sensation erregt und sei in der Lage, den Ultramontanismus gänzlich zu diskreditieren. Gerhoh Steigenberger schrieb 1766 aus Rom, Febronius versuche, dem Papst die Macht zu entziehen, um sie den Bischöfen zu geben; Lochstein gehe noch weiter, entziehe diese Macht den Bischöfen, um sie dem weltlichen Fürsten zu geben; was würde der dritte Apostel tun, wem würde der die Macht geben? Ein solcher dritter Apostel fehlte eben noch für eine allgemeine Revolution 162 . Migazzi nannte das von Rom schon 1764 indizierte Werk eine „blutige Satire auf den römischen Hof", das insbesondere über den Primat verwerfliche Dinge enthalte163. Jänner 1770 beklagt Migazzi bereits, daß er so häufige und heftige Kämpfe gegen Febronius zu führen gehabt habe 164 . Für Riegger stellt Seifert keine entscheidende Beeinflussung seitens Febronius' fest. Doch hat Eybel diesen sicher gut gekannt, nur darf er noch nicht wagen, Febronius restlos zu verteidigen: ,,Wer kennt nicht die erhabnen Verdienste eines obschon da und dort getadelten Febronius? Nein, alle seine Tadler und bisher gehabte Widersacher werden ihm den Ruhm, den er sich bisher ... erworben hat, nicht nehmen ... 165" Febronius weist zunächst einmal zurück, daß der Papst ein Monarch sei, mit unumschränkter Regierungsgewalt hinein in jede einzelne Diözese und über die gesamte Kirche. Den Summepiskopat weist er verschiedentlich scharf zurück 166 . Mt 16, 18 etwa sei kein Beweis für die monarchische Regierungsform der Kirche 167 . Auch theologische Spekulationen, daß die Kirche so verfaßt sei, weist er zurück. So hatte etwa Simon Florentinus gemeint, die monarchische Regierungsform sei die vollkommenste, deshalb müsse auch die Kirche, für die Christus bestens vorgesorgt habe, derart verfaßt sein. Febronius läßt das ebensowenig gelten wie die Meinung des Jesuiten Lainez, Christus habe die Kirche auch absolut und monarchisch regiert, solange Er unter den Menschen weilte 168 . Petrus und mit ihm die 160 LThK 2V, Sp. 479 f. (Lit.). 161 Ne v. 5. 6. 1771, S. 89 - 92. 162 Richard van Dülmen, Der Prälat Franz Töpsl (1711 - 1796) und das Augustinerchorherrenstift Polling, München 1967, S. 21 33. 163 Wilibald (sie!) Müller, Gerhard van Swieten, Wien 1883, S. 149. 164 Wolfsgruber, Migazzi, S. 390. 165 Eybel, Einlei tung I, S. 125. 166 Febronius, De Statu Ecclesiae I, 1763, etwa S. 1 f., 515 u. ä. 167 Ebenda, S. 1. 168 Ebenda, S. 39. 72

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