Manfred Brandl - Der Kanonist Joseph Valentin Eybel 1741-1805

Eybel ist nicht die Rede. Er war bloß Befehlsempfänger, wie jeder andere Professor ohne Hofposition schließlich auch. Das wollte der dirigistische Geist der Zeit. Ein Universitätsprofessor war noch kein Absolutum. Eybels Chance, ins Rennen zu kommen, war einzig Hofrat Heinke, der ein zugespitzt josephinisches Kirchenrecht mit Schärfe und Vehemenz vertrat99, Martini trat mit den beiden Universitätsprofessoren der Dogmatik, Bertieri und Gazzaniga, zusammen, und milderte die im Riegger 100 vorkommenden kritischen Sätze wenigstens so weit, daß er gegründete Hoffnung haben durfte, Migazzi für sich zu gewinnen101, Nun begannen die Verwicklungen aber erst recht. Bertieri und Gazzaniga waren für ihre Zeit Männer der Mitte, sogar Vertreter einer antijesuitischen ,,Reformrichtung", der eine ein Thomist, der andere ein Vertreter augustinischer Theologie, beide den Wiener J ansenistenkreisen sympathisch102 . Extremer aufgeklärten Kreisen waren sie natürlich weniger genehm103 • Beide waren immerhin die Verfasser der in Habsburgerlanden offiziell verwendeten Dogmatiklehrbücher und Gazzaniga genoß offensichtlich das Vertrauen Maria Theresias, die ihn gelegentlich konsultierte104 . Heinke faßte das letztlich vom Kardinal betriebene Vorhaben, das Riegger'sche Buch zu verändern, von vornherein als Rückschritt auf. ,,Der grosse van Swieten, der würdige Stock, der gelehrte Riegger sind todt. Männer, deren Kenntnisse und Rechtschaffenheit zu überwägend waren, um sich an jenes zu wagen, so unter ihnen zum grössten Vortheile der heiligen Kirche (wovon ich die curiam romanam unterscheide), der Religion, des Staates und eigentlich zu sagen, der Geistlichkeit selbst emporgebracht worden ist. Nunmehr glaubt man aber doch, das meiste in die alte Dunkelheit zurückzubringen 105." Der Druck des veränderten Riegger'schen Lehrbuches 106 hatte bereits begonnen, als Abt Rauttenstrauch und Fürst Kaunitz ihre Gegenvorstellungen 99 Eine umfassende Quellenedition zu Heinkes Wirken: F. Maaß, Der Josephinismus, Bd. 3: Das Werk des Hofrats Heinke 1768 - 1790 (1956). 100 I. e. das oben in Anm. 97 genannte Werk. 101 Wolfsgruber, Migazzi, S. 370. 102 Vgl. Wittolas WKirchZ 1789 Sp. 421 f. für Bertieri; Angaben zu Gazzanigas Kontakten mit dem Wiener J ansenismuskreis vorläufig bei Brandl, Wittola. 103 AdB 55. Bd. 1. Stück, 1783, S. 259 und Schlözers StatsAnzeigen III/11, 1783, S. 331 spielen ihnen - besonders dem Gazzaniga - übel mit . 104 Hersehe, War ... S. 19 f. 105 Seifert, S. 176 nach Gerson Wolf, Zur Geschichte der Wiener Universität, S. 39. 106 Pavli losephi a Riegger ... lnstitvtiones Ivris ecclesiastici in Vsvm Avditorvm contractae. Pars I. de Fontibvs lvris ecclesiastici. Viennae, Typis loannis Thomae Nob. de Trattnern .. . MDCCLXXIX. 225 S. Expl. StB Kremsmünster. 53

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