Manfred Brandl - Der Kanonist Joseph Valentin Eybel 1741-1805

Abt diese gleichsam protegiert hätte, wies bereits Schulte zurück. 81 . Die neuen Thesen waren zu Beginn des Jahres 1776 fertig. Maria Theresia forderte Migazzi auf, die Thesen "ohne Aufsehen" zu überprüfen 82 . Der Wiener Oberhirte unterwarf die Normalthesen bis zum März 1776 schärfster Kritik 83 . Maria Theresia teilte die umfangreichen Darlegungen des Wiener Erzbischofs dem Abt von Braunau mit und forderte ihn auf, Migazzis Beanstandungen zu berücksichtigen und die Synopsis zu überarbeiten. Die hierauf verbesserten Thesen gelangten wieder in die Hände des Erzbischofs 84 . Dieser besprach sich nun mit dem Abt von St. Dorothea, Ignaz Müller - er war Hofbeichtvater und genoß das Vertrauen Maria Theresias - und einigen Theologen. Migazzi war noch immer nicht zufrieden. Er ersuchte, daß er, Müller und Baron Joseph Bartenstein 85 gemeinsam „Betrachtungen und Meinungen" über den Entwurf vorlegen dürften. Maria Theresia ging darauf ein, ließ aber auch Hofrat Heinke und den Vizepräses, Freiherrn von Hagen 86 , Gutachten abgeben87 • Daß es auf diese Weise unmöglich war, zu einheitlichen Auffassungen zu gelangen, ist begreiflich. Was herauskam, war mehr oder weniger ein Kompromiß, beileibe nicht das, was Migazzi gewünscht hatte. So wurde die Synopsis juris ecclesiastici88 mit Erlaß vom 5. Oktober 1776 für die erbländischen hohen Schulen vorgeschrieben 89 . Die Zeitgenossen schenkten diesen 253 Sätzen Beachtung, was durch ihre Bedeutung im Lehrbetrieb durchaus verständlich ist 90 . Gleichzeitig wurde Rieggers Kirchenrechtslehrbuch als Vorlesungsgrundlage vorgeschrieben. Migazzi hatte aber am 13. Dezember 1776 schon wieder eine Beschwerdeschrift fertig: Die Synopse enthalte nämlich Sätze, deren Ausmerzung doch vereinbart worden sei. Außerdem stimmten die Synopse und Rieggers Lehrbuch inhaltlich nicht immer überein. ,,Wenn man sich also des Rieggers Buche gebrauchen woll te, so wäre 81 ADB XXVII, S. 459 f. 82 Wolfsgruber, Migazzi, S. 356. 83 Wolfsgruber, Migazzi, S. 356 - 363; DiözA Wien, Zensur II, Mappe ,Rauttenstrauch'; Mühlsteiger, Diss. S. 62 - 70. 84 Wolfsgruber, Migazzi, S. 363. 85 M. Braubach, Johann Christoph Bartensteins Herkunft und Anfänge, in MIOG 61, 1953, S. 99 - 149; W. Högl, Bartenstein als Erzieher Josephs II., Phil. Diss. Wien 1959 (MS) . 86 Johann Hugo Freiherr v . Hagen, wirk!. geh. Rat, Kämmerer, Reichskonferenzminister, Reichshofratspräsident: Hof- und Staatsschematismus . .. auf das Jahr 1779, S. 187. 87 Wolfsgruber, S. 364. 88 Synopsis ]1<ris ecclesiastici publici et privati, quod per Terras haereditarias augustissimae lmperatricis Mar. Theresiae obtinet . Vindobonae, Typ. ]oan. Thomae Nob. de Trattnern ... MDCCLXXVI . 77 S. 89 Wolfsgruber, Migazzi, S. 366 f.; Seifert, S. 173 f.; Brand!, Theo!. Fakultät Innsbruck, s. 45 f. 90 Rezensionen in AdB Anhang zu dem 25. - 36. Bd., o. J., S. 330 f.; NBeF III/4, S. 578 f.; Lit: Müller in ThQ 1966, S. 74 - 76. 51

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2