3. EYBELS FRÜHWERKE UND SEINE EINLEITUNG INS KATHOLISCHE KIRCHENRECHT (Die Werke Eybels aus seiner Wiener Zeit von 1773 - 1779) a. Einführung Die Jahre besonders von 1769 bis 1779 sind gekennzeichnet durch eine Unsicherheit im Kirchenrecht, wie es an den hohen Schulen der Habsburgerlande gelehrt wurde, und dies trotz der systematischen, ideologisch den Staatsinteressen verpflichteten Fixierung in Paul Joseph Rieggers Institutiones jurisprudentiae ecclesiasticae (1765 ff.) und seinen anderen Werken. Parallel dazu ging ein Schwanken in dogmatischen Fragen, verursacht durch die auflösenden Tendenzen der Aufklärung einerseits und die apologetischen Arbeiten ultramontaner Theologen andererseits, die aber die wissenschaftlichen Ansprüche der Zeit und den nachbarocken Denkstil zu wenig oder gar nicht berücksichtigten. Insgesamt sind die hemmungslos werdenden Polarisierungen, die man im ausgehenden 18 . Jahrhundert immer wieder so drastisch und derb vor Augen geführt bekommt, Ergebnisse des Denkbetriebes, wie sie eine jede Umbruchszeit immer wieder gebiert. Dabei fällt auch auf, daß das Kirchenrecht nicht in den theologischen Fakultäten gelehrt wurde, sondern von Laien in den juridischen Fakultäten. Es ist rückschauend zu bedauern, daß das Kirchenrecht, das doch wesensgemäß derart intensiv mit der Dogmatik verknüpft ist, von Männern gelehrt wurde, die mit dieser fachlich keinen Kontakt zu haben brauchten, wenn man auch unterstellen darf, daß damals theologische Kenntnisse in gebildeten Laienkreisen nicht unbedeutend gewesen sein mögen. Aber Reflexionen über das Verhältnis von Kirchenrecht und Dogmatik oder wenigstens von Kirchenrecht und Kirche finden wir bei den josephinischen Kanonisten nicht. Die Differenzen zwischen Theologen und Juristen in wunden Punkten, etwa der Lehre vom Primat des Papstes, vom Konzil, dem Verhältnis von Kirche und Staat, den Rechten des Fürsten in der Kirche, führten bis hin zu Tendenzen, manche Fragen einfach zu umgehen. Auch von der Dogmatik wissen wir, daß die Behandlung gewisser kontroverser Fragen einfach unterbunden, von Staats wegen verboten, wurde. Simon Ambros von Stock (t 1772) stellte als Mitglied der Studienhofkommission 1769 kirchenrechtliche Thesen zusammen, welche gewisse Streitfragen - ,,Contentiosa" - ausklammerten. Diese Lehrsätze sollten in der Folge ausschließlich Disputationsgrundlage sein, um Streit mit anwesenden Theologen zu verhindern1 . Beim Vortrag des Kirchenrechts in den Vorlesungen galten jedoch Rieggers lnstitutiones juris1 Seifert, S. 172. 40
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