Manfred Brandl - Der Kanonist Joseph Valentin Eybel 1741-1805

Natürlich eckte Eybel mit seinem Vortrag bald da und dort an, denn ihm war die Neigung eigen, den Standpunkt, den er von Staats wegen vortragen mußte, mit überdeutlicher Schärfe herauszustellen. ,,Man hör te ihn wohl zwanzig bis dreysigmal von der Katheder herunterdonnern: Hoc non erat in prima seculo; non erat in primis tribus seculis, hoc Ecclesia prima ignorabat ... Er wünschte auch nichts mehr als die ersten Jahrhunderte des Christenthumes zurücke, das ist, jene grausenvolle Verfolgungszeiten der Christen eines Nero, Domitian, Trajan, Diocletian ... wo Fürsten, Könige, und Kaiser noch Heiden, noch ausser dem Schafstalle Christi das Christenthum mit Feuer, Schwert und Marter auszurotten suchten; diesen feuerigen Wunsch wiederholte er öfters, und nicht anders, als wenn er ein Heide, und eingefleischter Erzfeind des Christenthumes wäre." Schon in seinem ersten Lehrjahr habe er die „ärgerlichsten Sätze" verteidigt, klagt die antijosephinische „Biographie der Glaubensfeger" von 178320 . Hingegen wird uns von Eybel befreundeter Seite gemeldet, er habe zwei Jahre gelehrt, ohne daß seine Gegner seine Person oder seine Werke öffentlich angegriffen hätten. Der erste Band des „Ordo Principiorum Jurisprudentiae" habe die Zensur ohne Schwierigkeiten passiert. Auch den zweiten Band dieses Werkes habe man approbiert 21 . Aber spätenstens im Jahr 1775 war Eybel schon in kurialen Kreisen höchst mißliebig 22 . Und in den Jahren 1775 bis 1777 hat ihm jedenfalls die Affäre um den Paulanerpater Dionys Kaltner sehr geschadet 23 . Dieser hatte als Lektor für Kirchenrecht in seinem Orden im Grunde das gleiche gesagt wie Eybel in seinen Vorlesungen, und sich auch hinter dessen Autorität verschanzt, aber der Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Anton Graf Migazzi, hatte noch Erfolg, als er sich bei der Kaiserin über Kaltner beschwerte. Maria Theresia muß, wenn man die ausführliche Schilderung des Falles bei Wolfsgruber24 durchliest, in Sachen des Kirchenrechts zwar feste Meinungen gehabt haben - das josephinische Staatskirchentum war durchaus von ihr inspiriert, wie Maaß immer wieder betont. Aber nun rächte sich, daß man das Eherecht wie heißen Brei umgangen hatte. Martini, Eybels späterer Feind, hielt noch einmal schützend die Hand über unseren Kanonisten, und sein Wort galt etwas bei Hof. Friede! schildert in seinen bekannten „Briefen aus Wien" die Sache um Ka!tner und Eybel als eine durch die Jesuiten betriebene Kabale25 : ,,Unter mehrern andern kleinen Präparaten, 20 Biographie der Glaubensfeger, S. 12. 21 Ne v. 17. 7. 1778, S. 115. 22 Vgl. Sturmberger, S. 165. 23 Ausführlich dazu Ne vom 5. 6. 1777, 17. 11. 1777, 17. 7. 1778. Vgl. auch unten Kap. 24 Wolfsgruber, Migazzi, S. 347 - 353. 25 Friede!, Briefe aus Wien, 8178·4•, S. 260 f. 22

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