Manfred Brandl - Der Kanonist Joseph Valentin Eybel 1741-1805

jetzt die jungen Leute in den raschen Besitz ganz neuer Lehren und Systeme. In beiden Fällen nahmen sie einen gewissen Uebermuth und Selbstgefälligkeit und ein Begnügen mit der Routine des Nachahmens in Kauf, weil dieses dort wie hier ausreichte, ihre Ueberlegenheit gegenüber dem früheren Obscurantismus an's Licht zu stellen ... 14 " Am 3. November 1773 begann ein neues akademisches Jahr, das erste volle Jahr für Eybel als akademischer Lehrer. Das Heiligengeistamt hielt der Kanzler der Universität, die praelusio hatte Eybel15 . Wenige Stunden vor seinem Tod am 2. Dezember 1775 habe Paul Joseph von Riegger seinem Schüler als dem „tauglichsten" das Vermächtnis übertragen, sein Werk weiterzuführen und zu vollenden, verbunden mit der Verpflichtung, keinen Schritt abzuweichen16 . Am 3. Juni 1776 hielt die Universität für den verstorbenen Kanonisten „ganz besonders feyerliche und den Verdiensten dieses großen Mannes angemessene Exequien". Anschließend hielt Eybel im großen akademischen Hörsaal eine lateinische Totenrede, welche auch gedruckt wurde17 . Man kann keineswegs pehaupten, daß Eybel durch seine Stellung als Kirchenrechtslehrer der Wiener Universität schon zum einschlägigen Orakel bei Hof geworden wäre. Mitnichten. Die Einführung der Synopse aus dem Kirchenrecht wurde dem von Maria Theresia geschätzten Prälaten von Braunau, Stephan Rauttenstrauch, i.ibertragen18 . Diese Zusammenstellung von 253 Kernlernsätzen aus dem Kirchenrecht mußte in der Folge als Richtschnur für den Kirchenrechtsunterricht genommen werden. Die „Allgemeine deutsche Bibliothek19 " besprach die Sätze der Synops~: es seien kurze „mit vieler Präcision verfaßte Sätze, in denen das Kirchenstaatsrecht vom Privatkirchenrecht getrennt ist, und (in welchem) lauter Rieggerische Grundsätze beygebracht werden". Es sei auch in seiner Art ziemlich vollständig, nur die so praktische Lehre von der Verlobung und Ehe sei ganz weggelassen worden. Kritisiert wurde vom protestantischen Rezensenten auch die Interpretation des Westfälischen Friedens hinsichtlich des ius reformandi . 14 Kink I, S. 507 Anm. 670. 15 UAW, Acta Fac. Theo!. (ab anno) 1747, S. 449: Die 3tia (novembris 1773) consueta Studiorum renovatio. Missam de Spiritu S. decantavit ... D. Cancellarius. Praelusionem habuit D. Eibe! Juris Canonici Professor. 16 Sturmberger, S. 165, nach Eybels Trauerrede für Riegger: Oratio funebris ..., 1776, s. 34. 17 Wiener Diarium Nr. 45 v. 5. 6. 1776; Erwähnung in UAW, Acta Fac. Theo!. (ab anno 1747) , s. 473. 18 Ober Rauttenstrauch vgl. Menzel (LV). - Synopsis iuris ecclesiastici publici et priuati, quod per terras hereditarias Augustissimae Imperatricis Mar. Theresiae obtinet. Vindobonae, Typ. Trattner. 1776, 77 S. 19 AdB Anhang z. 25. - 36. Bd., S. 330 f. 21

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