Manfred Brandl - Der Kanonist Joseph Valentin Eybel 1741-1805

Kaspar Ruefs Zeitschrift Der Freymüthige suchte 1784 die Hindernisse zu einer unbefangenen historischen Betrachtung von Buße und Beichte in folgender Weise zu umreißen13 : „Der Fehler ist überhaupt dieser, daß die Katholiken, sobald sie in einem heiligen Vater oder andern Kirchenschriftsteller die Worte confessio, confiteri, exeomologeesis u. dgl. antreffen, dieselben fleißig durch Beicht und Beichten übersetzen, und sich sogleich irgend einen im Winkel einer Kirche stehenden Beichtstuhl, und darinn ein zu den Füßen des Beichtvaters knieendes Beichtkind vorstellen." Eybels Ohrenbeichtschrift ist wohl im Jänner 1784 herausgekommen. Es würde zwar auch damaligen Buchdruckergepflogenheiten entsprechen, das Buch noch für Ende 1783 zu datieren, doch wenn manchmal Schriften, die zu Ende eines Jahres erschienen, mit dem Druckjahr des darauffolgenden Jahres versehen wurden, so betrifft dies doch mehr große Werke, nicht kleine Wienerschriften. Jedenfalls bot schon die Wiener Realzeitung Nr. 5 vom 3. Februar 178414 eine ausführliche Inhaltsangabe von Eybels neuestem Werk, was beweisen möchte, daß man das Werk genau beachtete, indes (wohl in der Eile) sich nicht mehr zu tun getraute als eine detaillierte Inhaltsangabe zu bieten. Eybel hatte sogar einige Jahre vorher gefordert, die Bischöfe sollten dem Staat die Bußwerke zur Einsicht vorlegen, was natürlich auf der Linie seiner 100-prozentigen systemhörigen Einstellung lag. Dazu hatte aber Graf Blümegen am 21. April 1782 angemerkt, man müsse darauf bedacht sein, ,,allen, auch nur von weitem hergestellten Schein vermeiden, wodurch die ohnehin schwere Ohrenbeicht verdächtig oder empfindlich gemacht werden könnte15 ." Genügte einem Eybel nicht, was akzeptierte Lehre über die Bußwerke war? So rückständig war diese ja wieder nicht! Etwa meinte eine Schrift aus dem „konservativen" Lager, die Priester müßten bemüht sein, im Bußsakrament „der Beschaffenheit der Laster, und Schwachheit der Büsser angemessene Genugthuung aufzulegen, daß ist, so scharfe Buße, als bei itzigen Zeiten mit Hoffnung eines Seelennutzens nach dem Verhältnisse der Sünden dem Beichtenden können auferlegt werden16 ". Wien reagierte auf die Ohrenbeichtschrift nicht freundlich. Die Ohrenbeichte galt eben dem Glauben eines Josephiners bedeutend mehr als etwa der päpstliche Primat. Dies läßt sich nicht übersehen. Die Geistliche Hofkommission konnte Eybels Reformvorschlägen keineswegs zustimmen. 13 Freym 1784, S. 616. 14 s. 65 - 77. 15 Wolfsgruber, Migazz i, S. 585. 16 Unt erricht vom Abfasse nach dem Normalkatechismus in Wien, .. . in: NS VIII, S. 93. 212

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