Manfred Brandl - Der Kanonist Joseph Valentin Eybel 1741-1805

klärerischen Zweifel würde Rahners Einwand anklingen, die kirchliche Ablaßgewalt stelle keine jurisdiktionelle Gewalt im strengen Sinn dar, sonst vermöchte ja die Kir-ehe außerhalb des Bußsakraments und deren richter licher Gewa lt hinsichtlich der Sündenstrafe, deren Tilgung doch auch ein Ziel des Sakramentes ist, mehr als im Sakrarnent6 • An Eybel und seinesgleichen klingt Rahners Feststellung an, die Nachlassung der kanonischen Buße durch den Ablaß ist heute nur mehr hypothetisch. Vollends irritiert hätte ein Rahner einen konservativen Zeitgenossen Eybels, wenn er meint, das Wesen des Ablasses bestehe in dem besonderen Gebet der Kirche, das sie für ihre Glieder in ihrem kultischen Tun und im Gebet ihrer Glieder immer um die volle Entsühnung ihrer Glieder verrichte und im Ablaß feierlich und in besonderer Weise einem bestimmten Glied zuwende6. Ebenfalls irritiert hätte Rahner die Konservativen der Aufklärungszeit, wenn er feststellt, die Verstorbenen seien der Jurisdiktion der Kirche entrückt. ,,Es ist ... unstreitig dargethan, daß die Kirche diese Macht, die zeitliche Strafen auch jenseits dieses Lebens nachzulassen von Christo ihrem Stifter überkommen . . .7" Außerer Anlaß für Eybels Ablaßschrift war sicherlich die kaiserliche Verordnung vorn 27. November 1781, daß die Mißbräuche hinsichtlich der Ablässe, Bruderschaften und „Andächteleien" (wie di e Lobredner der Verordnung sagten) abgeschafft werden sollten8 • Die Bischöfe - so war es der Wille der Wiener Hoftheologen - sollten die Verwaltung der Ablässe übernehmen, Rom sollte fürderhin nicht mehr dreinreden. Der Bischof von Verona, Giovanni Morosini - kein k.k. Untertan - reagierte auf Wiens Verordnung am gefügigsten: Schon mit Hofdekret vorn 20. Februar 1782 wurde sein Hirtenbrief für einige in k.k. Gebiet liegende Gemeinden allen österreichischen Bischöfen zur Nachahmung zugesandt9 . Der Hirtenbrief stieß in aufgeklärten, antikurialen Kreisen auf begeis terte Zustimmung; Ruefs Freymüthiger10 lieferte einen Auszug aus dem in Wien bei Kurzböck nachgedruckten Hirtenbrief11 , in welchem es bündig hieß: ,,Endlich verbieten wir den Gebrauch der so genannten päpstlichen Ablässe und Generalabsolutionen, und wollen in Zukunft keine davon zulassen, wenn sie nicht von uns eingesehen und ihr Grund von uns gutgeheißen worden, und wir das kaiserl. königl. placet ... erhalten haben." Eilte der Bischof den 6 Ebenda, Sp . 51. 7 Unterricht vom Ablasse nach dem No.-malkatechismus .. ., m: NS VIII, 1784, S. 14 f. 8 Freym II/12, Dezember 1782, S. 459 - 461. 9 Freym II/12, 1782, S. 461 f. 10 Freym II/12, 1782, S. 462 - 466. 11 Hirtenbrief des Bisd,ofs von Verona an die Pfarrer und die Gemeinde seines Kirchengebietes in den zwey Vika.-iaten Avio und Bretoniko im Tyrol, iiber die Aufhebung einiger falschen Klosterandachten. WIEN: Kurzbek 1782. 16 S. - Expl. PrSemB Linz in VII 915. 161

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