Manfred Brandl - Der Kanonist Joseph Valentin Eybel 1741-1805

konzedieren. Mit der überlegenen Miene des Professors schrieb er seine Broschüre, nicht mit dem jugendlichen Ungestüm des modischen Schmierers, dem es in keiner Epoche der Geistesgeschichte um Wahrheit allein ging. Doch kennt Eybel - man muß ihm Gerechtigkeit widerfahren lassen - eine Menschengruppe, die in Klöstern sein dürfe. Das „Naturgesetz" gestatte, daß Untaugliche und für die Erfüllung der gesellschaftlichen Pflichten Unfähige in ein Kloster einträten. Also Alte, Gebrechliche, Arbeitsunfähige, Impotente. Was für ein Hohn ins Angesicht einer Kirche, ja Kulturwelt, die entscheidend von Klöstern bestimmt worden war! Eybel hatte indes seine Gedanken bereits im Kirchenrecht Jahre früher geäußert. Der Fürst hat das Recht, so schrieb er in seiner Einleitung3, Gelübde und geistliche Verträge der Bürger und Staatsglieder zu untersuchen und, sollten sie als dem Staate schädlich befunden werden, zu verbieten und aufzuheben. Ja noch mehr: der Landesfürst könne von sich aus verfügen, welche Gelübde erlaubt und welche staatsschädlich sind. Letztere könnten eo ipso nicht gottgefällig sein. ,,Jedem Privatmanne erkennt man die Macht zu, die Gelübde seines Weibes, die zum Nachtheile seiner Familie, und seines Hauswesens gereichen könnten, zu zernichten: - nur der Regent sollte des so wichtigen, und seiner Majestät wesentlichen Rechtes Gelübde zu zernichten, die nicht nur dem Glücksstand einer Familie, ... sondern selbst das Beßte des ganzen Staates stören, Trotz der Natur, und Vernunft beraubet seyn4?" Das Werk wurde von der Wiener Realzeitung warm begrüßt5 : ,,Wir müssen gestehen, daß die Schrift ... in Ansehung der Gründlichkeit wenige ihresgleichen hat. Aus dem Natur- - und Staatsrecht, aus dem Evangelium, der alten Kirchenzucht und den Beispielen der alten Verordnungen der Kaiser hat der Verfasser handgreiflich dargetan, daß der heutige Mönchsstand ohne Dispensation aufgehoben werden müsse und nie ein Gegenstand der Gelübde sein konnte, weil er ohne die Unterlassung der wichtigsten Pflichten nicht bestehen kann." Auch die Allgemeine deutsche Bibliothek zeigte die Schrift ausführlich an6 . Sie gab ihr den Vorzug vor den anderen in kurzer Folge aufeinander erschienen Werken Eybels. Jedermann müsse in die Augen fallen, wie Eybel die Sache der Vernunft und der Menschlichkeit verteidige. Eine späte Rezension des Werkes erfolgte noch 1804, Zeugnis dafür, daß noch damals 3 Eybel, Einleitung II, S. 111. 4 Ebenda, S. 118 . 5 WRealZ Nr. 13 v. 26. 3. 1782, S. 193 - 198. 6 AdB 55. Bd., t. St., 1783, S. 267 - 272. 157

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