Bald aber zogen die Familien nach und das Bild in den Stadtteilen Wehrgraben, Steyrdorf und Ennsdorf wurde bunter. Lebten 1971 nur 12 türkische Staatsangehörige in Steyr, waren es bei der Volkszählung 1981 bereits 141 Personen. Mit dem Auslaufen der offiziellen Gastarbeiterbeschäftigung 1974 kehrte ein Teil in ihre Heimat zurück, aber viele blieben. In den Jahren 1971-1981 zogen 104 Personen zu, sodass 692 Jugoslawen in Steyr lebten.26 Mit der einsetzenden Rezession in Steyr in den 80-er Jahren suchten sie in anderen Branchen Fuß zu fassen. 1984 waren in Steyr 984 Gastarbeiter beschäftigt, davon 390 aus Jugoslawien .27 Um einander zu unterstützen wurden die ersten serbokroatischen und türkischen Vereine gegründet, aber die meisten Arbeiter wollten nicht für immer in Österreich bleiben, sie wollten dorthin zurückkehren, wohin sie sich noch immer zugehörig fühlten. Ihre Vorstellungen von einer Rückkehr wurden mit dem Zerfall Jugoslawiens und den damit verbundenen Kampfhandlungen zerstört - der Bürgerkrieg in Jugoslawien machte für viele die Rückkehr in ihre Städte und Dörfer unmöglich. Für kroatische, bosnische und serbische Flüchtlinge erwies sich das ethnische Netz - Verwandte, Freunde, Bekannte, Nachbarn, die in Steyr geblieben waren - als erste Anlaufstelle. In Steyrdorf und im Wehrgraben waren die Häuser überfüllt, was bei der ortsansässigen Bevölkerung, besonders in Steyrdorf, Unmut hervorrief. Inzwischen bewohnten die ehemaligen Gastarbeiter als österreichische Staatsbürger auch schon Wohnungen auf der Ennsleite oder in Münichholz. In all diesen Stadtteilen stieg der Ausländeranteil rasch an. Nach dem Ende des Krieges wollte man in ganz Europa die Flüchtlinge zurückschicken, aber in Steyr nahmen nur wenige, eher ältere Menschen, das Angebot einer Rückkehrentschädigung an. Die meisten konnten, wenn auch unter schwierigen Bedingungen und meist unter Aufgabe ihres erlernten Berufes, sich hier eine bescheidene Existenz aufbauen. 2001 lebten in Steyr 3.257 Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien, die noch keine österreichische Staatsbürgerschaft besaßen, das sind 65,2 % aller in der Stadt lebenden Ausländer. In den letzten 10 Jahren stieg der Anteil der jugoslawischen Mitbürger um mehr als 137,7 % von 1.362 auf 3 .257 Personen,28 zum Teil durch Zuwanderung, teils aber auch durch Geburten. Insgesamt wohnen in Steyr laut Volkszählung 2001 4964 Ausländerlnnen, das sind 12,6 % der gesamten Stadtbevölkerung. Multikultm·alität in Steyr In Steyr leben heute über 50 Nationen friedlich mit-, meist jedoch nebeneinander. Zum multikulturellen Leben in Steyr gehören neben den beiden dominanten Gruppen aber auch kleinere Migrationsgruppen - ohne Deutsche - zusammen 699 Personen (= 14,1 % der Ausländer). Die Zahl der deutschen Staatsbürger ist mit 215 Personen in etwa gleich geblieben und macht heute 4,3 % der Fremden aus. 29 26 Vo lkszäh.lun g 1981 , Statislisches Zen tralamt 27 Amtsb latt der Stadt Steyr 1985, S .16. 28 Statistik Au stria , Volkszählung 2001 29 Amtsblatt d er Stad t Steyr 2002/2 , S.18ff. 73
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