105. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr

Stimmung gab. Direktor Rimmer förderte einen rein pri vaten Maturakurs, leitete itin aber nicht. Vielmehr war Schanovsky 1926 von den 41 Interessenten zum Spre cher gewählt worden, welche die Verhandlungen mit dem Direktor (über Stundenpläne, Zeiteinteilung etc.] führte und die Beiträge derTeilnehmer kassierte und an den Direktor abführte. Zur Deckung der Kosten wurden nämlich 5,12 S pro Lehrstunde eingehoben. Die Stun denanzahl wurde mit 15 Lehrstunden pro Woche (Mon tag bis Freitag) testgelegt, also 3 Stunden täglich von 18 bis 21 Uhr. Der Kurs hotte Latein als ein Flauptfach. Den Unterricht besorgten vornehmlich die Professoren A. Neumann, Dr. M. Powlik, Dr. Fritz Doppier, E. Stephan u.a. (Foto, S. 85) Der private Maturakurs hat erst im Schuljahr 1929/30 eine „offizielle" Anerkennung dadurch gefunden, daß die Teilnehmer eine Aufnahmsprüfung für die 7. Klasse eines Reform-Realgymnasiums abzulegen hatten. Die Erfolgreichen wurden ob September 1929 als „Privatisten" der reform-reolgymnasialen Abteilung des Real gymnasiums Steyr geführt. Diese Maßnahme fand in der Schüler-Statistik für dos Schuljahr 1929/30 erstmals ihren Niederschlag darin, daß die 7 B-Klasse plötzlich 23 öffentliche Schüler und 7 Privotisten auswies. Do wir „öffentliche" Schüler jedoch in der Schulzeit nie mit den Privotisten zusammentrafen, kannten wir natürlich we der deren Anzahl noch deren Nomen. Dos „Amtsgeheimnis" um die Privotisten lichtete sich erst am 18. Mai 1931, als im Geometrie-Saal der Real schule eine Dome und 5 Fierren erschienen, welche mit den 23 Schülern der 8. Klasse zu den schriftlichen Reife prüfungen antraten. Dieselben „Privotisten" waren nun schonetwosvertrouter, als sie auch vom 10. bis 13. Juni 1931 an den mündlichen Reifeprüfungen teilnahmen. Allesamt waren wir ein Musterfall: für unsere ehrwürdi ge Schule. Kein Prüfling mußte zurückgestellt werden. Einer der Privotisten, Franz Sauberer, maturierte neben den 10 übrigen Vorzugsschüiern sogar mit Auszeich nung. Schlußendlich erzielten sie dasselbe Reifeprü fungszeugnis wie die „öffentlichen Schüler" mit densel ben Studienberechtigungen, wovon 4 von ihnen auch ein Universitätsstudium abschlössen. Ich darf nochmals aus Schonovskys Bericht zitieren: „Dieser Kurs war für uns als Berufstätige nicht leicht. Er dauerte doch 5 Jahre und war durch die laufend sin kende Zahl auch kostenmäßig, besonders für die zeit weilig Arbeitslosen eine horte Leistung." Die Arbeitslosen wurden dann vom Präsidium der Kam mer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich un terstützt. In der Festschrift der Steyr Mittelschule 1875-1950 ent sprechen im „Verzeichnis der Maturanten und Matu rantinnen" dieZiffern und Nomen, was den Maturajahr gang 1931 betrifft, nur teilweise den tatsächlichen Verhältnissen. Vorweg wurde nicht erläutert, daß es sich bei dem Klassenzug 1923-1931 zum Unterschied von jenen von 1923 bis 1930 (Realschule) um die sehr seltene Schultype Reform-Realgymnasium handelt. Die Schülerzahl der 8. Klasse mit 24 stimmt nicht (richtig 23), etwas abrupt schnellte die Zahl der Reifeprüfun gen ohne Erläuterungen auf 31 hoch. Wirklich hoben 1931 einschließlich der 6 Privotisten jedoch nur 29 Ma turanten die Reifeprüfung abgelegt. Abgesehen von den Tippfehlern bei den Nomen scheinen im Verzeich nis zwei Personen auf, welche sowohl den öffentlichen Schülern als auch den Privotisten ganz unbekannt wa ren und geblieben sind. Der während der Mittelschulzeit mangelnde persönli che Kontakt wurde durch die Kontaktfreude der Privoti sten bald überbrückt, wie zahlreiche spätere Fotos do kumentieren. Mögeesolsein Zeichen des besonderen Respektes vor der einmaligen Arbeitsleistung und der Charakterstärke der Privotisten angesehen werden.

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