97. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1979/80

D I REKTOR OST R. DR. R I C f-1 ARD T REM L: Unser Ausweichquartier Schwimmschulstraße (und ein.ige Randbemerkungen dazu ) Wenn man zwe ieinha lb Jahre i n einem Sd,ulhaus verbrach t hat, 11id1t ga nz freiw illi g, aber dod1 einsid, t ig, da ,das Sta111 mJ1 a us für den völligen Umba u freigemacht werden mü•sse, begi1rnt sich vie ll eicht der e in e oder andere Benützer für die Gesch.ichte dieses Gebäudes zu interessieren. Man weiß, daß es a lt, sd, äb ig und eng ist, daß im Rega l des Architekten schon. die P lä ne fü r e inen Neub aiu an seiner StelJe liegen. Es ist aber mi t ihm so wie mi t a llem in der Welt: wias verbra ud,t ist 'Lind Sd, önerem Platz machen muß , war e·inma l heiß ersehnt, neu u111d schö n. Auf Verl-angen der eisenverarbeitende n Handwerker war in Steyr 1874 ei11e Fachschul e und Versuchsa nstal t für Eisen ind ustrie gegrü nd et und vor- läufig in ei nem alten Drahtzug unmittelbar am Webrgraben untergebracht worden . Lm1ge und verbissen kämpfte der Direktor jener Schule für ei nen zweckmäßig-en Neubau, offenbar das Schicksal vieler Direktoren d-ieser Stadt in den let;ten ,hun de rt Jahren. Am 27. Feber 1882 -faßte endli ch der Ge- mei_nder-at den Beschluß , 4 5 .ooo Gulden für den Neubau fre izugeben. Der Name des erfolgreid,en Direktors war Fri tz Franz Maier (1844- 1926), der i11 die Geschidite der Tedmik aus anderen Gründ.en eingega ngen ist. Nad1 Stud ien in Wien und Praxis in Triest und den USA studierte er zwei Ja hre lang die Ströme Sibiriens. Seine Tätigkeit in Steyr war verhältn is- mäßig kmz. Er arbeitete nachher in ·schottischen Werften und en twickelte a b 1896 d.ie nach ihm benannte Maier-Sd1ifform, b ei de r de r löHe lförmige Vorsteven mit seinen. V-förmige n Vo11derspanten auf das Wasser aufgle itet, statt es w·ie der n,e.sserscharfe Bug anderer Schiffstypen förmli ch zu zersdrnei- de n . Die·se Form setzte sich (ein typisch österreich.ische,s Erfinderschicks-al) erst nach se in em Tode d.urch und wird ,a uch heute nod, für große Frachtschiffe (Riesen ta11'kie r) verwe nd et. Bei d,er Vollendung ,de,s neuen Schulh auses war Ing. Maier ni cht mehr in Steyr. Di e Einweihu ng fand unter ,ei nem neuen Direkto r, Ing. Alfred Musil, am 23. September 1883 s tatt. Unter .den Ehrengästen waren der Linzer Bischof Rudigier und Josef Werndl. Aud, dieser Direktor blieb nicht sehr la ng-e, er wmde schon 1889 als Professor an die Technische Hod,schule n,ach Brü~111 berufen. So i-st di e kleine Sdrnle zweima l Spru ngbrett für ein e technische Kai-rie re geworden . Beka nn ter als Alf red Mus il wurde j edoch sei n Sohn Rob ert (18 80- 19 54) , der , in Klagenfurt geboren, als Kleinkind nach Steyr kam , di e Vo lkssd,ule und die 1. Klasse Realsmul e am Michaelerplatz b e- suchte, dann Technik er wurde, später Bibliothekar und sm ließlich Schrift- ste ll er. Sein Erstlingswerk „Die Verwirrungen des Zöglings Törleß " (19 06), sta,rk autobiographisd,es Zeugnis einer leidvollen Internatszeit, zählt heute nod1 zu den be rühmten psychologischen Romanen. Weltb eka,nn t aber wurde er durch den Roman „Der Mmm oh ne Eigenschaften " (193 0 begonnen), der mit fast 2000 Seiten dod, Fragment gebl ieben ist . Wir fi nden in ihm d ie letzte n ZuckL1J1gen „ Kakaniel1'5 ", der österreid,i sch-ungarischen Mo nardiie, bis zum Au,sbrud1 des Erste n Weltkrieges. Bundeska nz le r Kreisky hat ,dieses Werk a ls sein Lieb lin1gs bud1 e rklärt. 56

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