97. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1979/80
der g,ewiß auch die Stadt zu einem einzigen Festtheater gemacht hat. Aber unsere Verbindung zu den lebenden Bildern vo n Ke lten und Türken ist e·ine der Historie, wir bestaunen Schaustellung der Vergangenheit, die außer uns Hegt und nun ein Stück bunten Festes dar,ste.Ilt. Wenn aber ,der Steyrer von 1699 etwa oder von 1715 bei der Karfreitags- prozession12) vor der Michaelerkirche den Prozeß und die Verurteilung Jesu zwn Tode ablaufen sah, wenn er vo n da dem kreuztragenden Heiland als Geißler oder selber ein Kreuz schleppe nd folgte, wenn er dabei dje Dankes- li eder himmlischer Geister an den Erlöser mitten im Z ug ,dies Gegeißelten u,nd Dornen;g,ekrö n,ten hörte oder andere den Triump hw,agen des Kreuzes mit Helena ,und der Kird,e und dem glänzend gerüs teten Konstantin hoch zu Roß miit Fürsten unid. Rittern beg!ieiteten o·der den ,düsteren Leichenzug deis ver- storbenen Christus hinter berittenen Totengerippen mit Trommeln und Blas- instrumenten sahen, wenn 1 die bunten l·ebenden Bilder aus dem Al ten Testa- ment vielfältig auf Christi Tod 'Und auf die Erlösun g hinwiesen , wenn end.Lid, cLie mächtigen Töne der PoS'aunen den lange n Zug des Klerus und vielen Volks hinter allem herführten, dann hatten die Mitwirkenden, Mitziehenden urnd die Zu,schauer zweifellos in großer Zahl im Mitleiden 1.111d M itjubel ei nen mächtigen Aufschwung der Hoffnung auf Erlösun g, de n ·sie in den tausendifad,en Angsten ihres bedrängten Dase in s immer neu begehrten . Die Prozessionen haben daher sd, on bald nach dem Ein zug der Jesu iten in Steyr im Jahres lauf eine Rolle gespielt, sie vermochten die von Dürftig- k,eit, Not un<l Kri~gsangst niederged rückte Stadtbevölkerung der dreißiger und vierziger Jahre des 1 7 . Jahrhu nderts offenbar stark zu b ewegen. Jeden- fa ll s hatte <lia.s Prozession.swesen in Steyr im katholischen Kird, enleben, im Wedl'sel der Höhen u.n,d T iden jedes einzelnen einen bedeutenden Platz. An der Gestaltung rue•se·r kird,lichen Ereignisse nahmen ,di,e Studen ten des Gymnasiums einen großen Anteil. Sie hatten dafür durch ihre Geübtheit i111 The.aterspiel viele Voraussetzungen. Aud1 gehö rten sie ;,;um Teil d.en Kongre-gationen an, deren es in der Stadt vier gab. Die weitaus größte vo·n ilmen, die Todesangstbruderschaft, brachte es auf fast 2000 Mitglie:de·r (bei e in.er Stadtbevölkenmg ge,gen 6000/ 13 ) Diese Bruderschafr wiar in erster Li11,ie Mitgestalterin bei den KarfreitagsproZ'essionen. 1 ) Frö/1ler , Schu ldrama, S. 90 ff. Spielplan 2 ) Z. B. Litt. Ann. 1685: ,,un ter große111 Zustron1 nic/1t nur des Vollies, sondern auc/1 der Honoratioren, wobe i 11icht wenige ein e volle Stunde vor der gewo/,111ten Zeit kamen, um nicht ausgeschlossen zu werden". 3 ) W. Flemming, Das Ordensdra111a. 1930. K. Adel, Das Jesuitendrama i11 Österreick 1957. K. Schiff111a11n, Dra11111 uMd Ti,eater iM Österre ich ob der EMns. 1904. 4 ) Diese Auffüurung fand 1648 ifPt Freien statt auf eiMem Platz , der durc/1 Abtragung des Felsrns entstanden war, als maM das Gelände für den Kirchenbau ebnete. Frö/,,/er, Schuldra1,r,1a, S. 91 5 ) Maxi11-1iliaM Luclmer, Bürgen11eister von 1660 bis J 677, einer der erfolg- reichsten Unter11eu111er iM Steyr, der zusa111111en mit seiMem Schwager Mittermayr auf Monopole ausgiMg (Vertrieb VOM Qued1silber uMd Blei, Waffenuandel iM Steyr). Seine Tochter A1111a Maria, ver/,, . Vogt VOM 36
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