97. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1979/80

von Merksätzen wut1d-e überhaupt beJ. allen Themen abgelehnt; die ständigen Ma1hmmgen , es zu unterlassen, mögen freilich auf verb~eiteten Usus schließen las,sen. Grunidsatz wa.r: unten festes Memorieren mit richtigem Drill, oben eher Fö·J1dem vo n Verstehen und Erörtern. Llnahlässig wird Stellung genommen gegen „Reißen an den Haaren un,d Z•erren an .den Ohren", Schbgen au1f den Kopf und Austei len von Ohrfeigen aus Unged'til.d und Zorn :cLes Lehre11s über Unaufmerhamkeit, ge~stiige Abwe- seruhetlt, Trägheit, Unfuig 1der Schüler oder gar über ihre Schwerfä.lligk eiit. Re1den ,der Rektoren an die Le,hrer zu Beginn des Schu lj•ahres und Schr'eiiben d.el' Pro,vi•nzoheren sind voll von diesem Thema. Freihch galt körperliche Züd1tigung bei sd1,we>"ren Verstößen gegen die DLsZiiphn als liegitimes Strafmfrtel. Bei gewöhnlichen Störungen und Ordmings- wichi,gkeiten madite lllian bei Kindern Vermögender viel Gebrauch von kleinen Geldstnafen. Da\S zent,rale Fach war im .damaligen Gymnasium, nid1t 1mr bei ,den Jesuiten, La t e i 11. Es ging zunächst rnn ,die Sid1e-r;heit der Sprachbe- herrschn:mg, nad1 cLe1m VV:illen der Orderusleitung eirues klaren, an Cicero ge- schulten liatlein, unter Vern1eidung barocker Auswüchse, wie sie im 17. Jal1r- hu111de1rt verbreitet waren 7 ). Di,e Vorgang:sweis·e war ,so, daß in den untersten Klas,sen, Infima l.lll'Ld Principia, gleichsam da,s ABC ider lateinisdien Sprache betrieben W11rde. Man lemtle dn Latein lesen, schreiben, deklilllieren, konjugieren, einfacheren Satz- bau . In den folgenden Stufen, Grarnmatik und Syntax, -sollte bereits ein hoher Gna1d an Sicherheit im Gehna udi ,des Lateindsd1en erreicht werden, damit in den obensten Klas 1sen, Poesis un d Rhetoriik, ,der Umgang mit lateh1isd1er Prosa uTIJd Diditung möglich war und damdt sdiließlich ,cLas eigentlidie Ziel de!' spradilidien AusbiMurng, der vollendete Au;,druck in sich erer Re 1 de vor einer g.rößeren Zuhörerschaft, erreicht werden konnte. Gestützt sollte das allenfolls noch wer.den durch idie oft ,eingeschärfte Verwendtung des Latein im tä:glichen Umgang der Schüler unterednianrder. In Griechisdi kam ma111 rin der Regel nid1t weit, man beschäftigte sid1 mit Texten der Bibel, lem.te das gried11isdie Vaterunser, das Credo oder die Zehn Gebote, man ]las viielleidit A.sop-Fabeln und ver.suchte sich an ,einem Gesang Homer. Die übediefeTten Sch:u1au,sgaben zeigen neben drem ,gr iechischen Text eine lateini'Sd1,e Übersetzung. Es kann Jnimt ,gernu,g betont we11den, wie sehr sich das Bildm1gsziiel der Jes,uitenschule des 16. unid 17. Jahrhunderts und auch anderer höherer Sdrnlen der Ze,it, von dem untersd1eidret, was wir heute in allgemeirnbiLderuden höheren Schulen ziu bewältigen ,suchen. Der Unter,sdued wi-rd schon in. -der zentr!a len Soelhmg d!es Latein und in dem Fehlen richtiger StoH-Fäd1er in LM1serem S'inn deutlid1. Latein wiar ja immer nod1 eine Art Welvspmd1e, Sprache Gelehrter und GehiicLeter, Sprache in Kird1e u,nd insbesonders a1Ud1 So::uatsverwailtrnng. Das gab natürliru dem Latein Gewidit. Doch das Gym- 111asi.uu11 der Zeit, bevor die Aufklärurng z;ur Herrschaft gelangte, wollt,e ,außer- dem den jungen Mensdien in der j,ahr.elangen Konzentration auf ,die Arbeit in der Denk- ·un:d Spradizud1t ,des Latein Z1U einer doppelten Fähigkeit bringen: An Beispielen ,d,er Bibel, der Märtyrerüberlieferung, der Heiligen.legende, de·r Dichtung unl:l Gesd1id1te, mit ,denen man im Unterrid1t umging, sud1te 29

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